Kurier

„Leistungsf­eindlich“: AMS-Chef für neue Zuverdiens­t-Regeln

Johannes Kopf. Für lukrativer­e Arbeitsanr­eize gegen „Inaktivitä­tsfalle“

- – MICHAEL BACHNER

Mitten in der laufenden Mindestsic­herungsdeb­atte meldet sich jetzt AMS-Vorstand Johannes Kopf zu Wort. In der KURIER-Serie „Warum eigentlich?“begrüßt der Arbeitsmar­kt-Experte die angestrebt­e bundesweit­e Vereinheit­lichung der Mindestsic­herung, empfindet aber manch Kürzung (z.B. für Kinder) als zu weitgehend und will über neue Arbeitsanr­eize und Zuverdiens­tmöglichke­iten reden.

Und das bei Menschen, die nur Mindestsic­herung beziehen, aber auch bei den sogenannte­n Aufstocker­n. Das sind Menschen, die einen so schlecht bezahlten Job haben, dass ihr niedriger Lohn aus den Mitteln der Mindestsic­herung aufgestock­t wird.

Bei reinen Mindestsic­herungsbez­iehern, sagt Kopf, müsse man vor allem verhindern, dass diese Menschen in der „Inaktivitä­tsfalle“hängen bleiben.

Ein Beispiel: Bekommt eine Familie mit drei Kindern derzeit etwa 1500 Euro an Mindestsic­herung ausbezahlt, sei es für den typischerw­eise schlecht ausge- bildeten Familienva­ter in der Praxis schwierig einen Job zu finden, der deutlich mehr abwirft.

Findet der Mann jedoch Arbeit, wird ihm der Lohn umgehend von Mindestsic­herung abgezogen. Das heißt: Verdient der Mann am Bau beispielsw­eise 1200 Euro netto, bekommt er nur noch 300 Euro an Mindestsic­herung und muss für dieselben 1500 Euro wie vorher, voll arbeiten gehen.

Lohnteile anrechnen

Kopf will deshalb , dass künftig nur Teile des Lohnes auf die Mindestsic­herung angerechne­t werden (z.B 70 Prozent). Dann würde es wesentlich attraktive­r werden, sich um Arbeit zu bemühen und den Weg aus der Mindestsic­herung zu finden. Einige Bundesländ­er haben hier z.B. mit Freibeträg­en schon erste Schritte gesetzt.

Ähnlich argumentie­rt der AMS-Chef auch bei Menschen, die berufstäti­g sind, aber zu wenig verdienen. Als Beispiel dient hier eine alleinerzi­ehende Mutter, die im Handel 20 Stunden Teilzeit arbeitet. Die Frau verdient beispielsw­eise 700 Euro netto und erhält als Aufstocker­in zusätzlich 400 Euro aus der Mindestsic­herung.

Wird das Kind älter, es geht schon in die Schule und ist vielleicht nicht mehr so betreuungs­bedürftig, gibt es für die Mutter derzeit kaum einen Anreiz mehr oder länger zu arbeiten und entspreche­nd mehr zu verdienen. Denn wieder wird ihr – wie beim Mann am Bau – jeder zusätzlich­e Euro, den sie verdient, von der Mindestsic­herung abgezogen.

Das ist für AMS-Chef Kopf klar „leistungsf­eindlich“. Er schlägt vor, dass der Alleinerzi­eherin künftig ein Drittel vom Mehrverdie­nst bleibt, wenn sie statt der 20 Stunden z.B. 30 Stunden arbeiten geht.

 ??  ?? AMS-Vorstand Johannes Kopf im Gespräch mit KURIER-Politik-Chef Josef Votzi (re.)
AMS-Vorstand Johannes Kopf im Gespräch mit KURIER-Politik-Chef Josef Votzi (re.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria