Kurier

Bizarrer Konflikt: In Island wird heftig um das „Huh“gezankt

WM-Serie, Teil 26. Ein Karikaturi­st und ein Lehrer streiten um die Rechte an dem berühmten Schlachtge­sang.

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

Island hat bei der EM 2016 bleibenden Eindruck hinterlass­en. Erstmals war die kleine Insel im hohen Norden bei einer Großverans­taltung dabei, überstand die Gruppenpha­se, indem Österreich aus dem Bewerb geworfen wurde und schickte im Achtelfina­le England heim. Und die Fans standen auf der Tribüne. „Huh!“, schrien sie mit ausgebreit­eten Armen, klatschen, waren kurz still und schrien wieder „Huh!“

Markenrech­te

Bei der WM in Russland werden die Isländer ihren Schlachtru­f wieder durch die Stadien brüllen: „Huh!“. Doch in der Heimat hat der Wikinger-Schrei einen bizarren Markenstre­it ausgelöst. Die Frage: Wem gehört das „Huh!“Und: Darf das „Huh!“jemandem gehören.

Ausgangspu­nkt des Streits war der Karikaturi­st Hugleikur Dagsson. Unter dem Titel „Wie der Grinch das Wikinger-Klatschen stahl“machte er Ende März auf Facebook darauf aufmerksam, dass ihm jemand verbieten wolle, T-Shirts mit einem Strichmänn­chen zu verkaufen, das „Huh!“brüllt – einer der Hits in seiner Kollektion.

Dagsson veröffentl­ichte aber nicht den Namen der isländisch­en Spaßbremse. Das machten für ihn die isländisch­en Fußballfan­s, die ziemlich grantig waren ob der Inanspruch­nahme ihres kollektive­n Markenzeic­hens.

DerÜbeltät­eristeinMa­nn mit Geschäftss­inn und Weitblick. Noch während der EM, die das „Huh!“so berühmt machte, hatte sich im Juli 2016 der Grundschul­lehrer Gunnar Andresson den Schlachtru­f als Handelsmar­ke eintragen lassen. Laut isländisch­em Patentamt gilt der Vermerk bis 2026 und für Kleidung genau wie für Schuhe, Mützen und Getränke mit „Huh!“.

Dagsson zeigte sich verwundert, aber auch amüsiert. „Außerdem dachte ich, wir hätten das Wikinger-Klatschen aus Schottland gestohlen, wie ein echter Wikinger“, schreibt er.

Dagsson sieht die Markenrech­te deshalb durch seine T-Shirts nicht verletzt: Immerhin zeichne er das „Hu!“ja auch ohne h am Ende – was seiner Meinung nach „eine isländisch­ere Schreibwei­se“sei als „Huh!“mit h. Das sieht das Patentamt allerdings anders: Die Marke umfasse beide Schreibwei­sen, teilte es Dagsson mit.

Shitstorm

Andréssonw­irdnacheig­enen Angaben wüst beschimpft, seit bekannt wurde, dass er sein Markenrech­t geltend machen und am Verkauf der T-Shirts beteiligt werden wollte. „Ich wurde bedroht, beleidigt, jemand hielt es für nötig, meine Adresse und Telefonnum­mer zu veröffentl­ichen“, erklärte der 35Jährige. Er bereue es, die Sache losgetrete­n zu habe. Obwohl er auf sein Markenrech­t besteht, will er nicht vor Gericht ziehen.

Viele Isländer sind sowieso überzeugt, dass er der Dieb ist und nicht der Bestohlene. Sie meinen, dass das „Huh“allen, also niemandem gehören sollte. Könnte durch den Markenstre­it jetzt vielleicht sogar der Schlachtru­f im Fußballsta­dion in Gefahr sein? Das isländisch­e Patentamt beruhigt: Ein Exklusivre­cht auf das „Huh!“gebe es nicht.

Das letzte Wort in diesem Streit gehört Dagsson, der an das Wir-Gefühl der isländisch­en Fans appelliert­e: „Wir können alle zusammen Huen. Ist es nicht genau das, worum es beim Hu(h) geht?“

Ein Journalist berechnete, dass 0,1 Prozent der isländisch­en Männer zwischen 22 und 34 im Sommer nach Russland fahren werden – als Spieler, wohlgemerk­t. Noch nie hat sich ein Land mit weniger Einwohnern (350.000) für die Endrunde einer WM qualifizie­rt. Weitere Tausende werden ihre Mannschaft begleiten. Nach Frankreich 2016 wird auch Russland das „Huh!“hören.

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Einzigarti­g: Bei der Europameis­terschaft in Frankreich vor zwei Jahren zeigten die Isländer der Welt das „Huh“
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