Kurier

Wie sein Boss

Richard Grenell. Trumps Botschafte­r twittert, redet Klartext und bricht so mit den üblichen Konvention­en

- AUS BERLIN SANDRA LUMETSBERG­ER

Sofortige Ausweisung aus Deutschlan­d fordern die Linken, er verhalte sich nicht wie ein Diplomat, sondern wie ein „rechtsextr­emer Kolonialof­fizier“, fauchte SPD-Mann Martin Schulz. Und CDUAußenpo­litiker Jürgen Hardt forderte ihn auf, „im Stillen zu wirken“. Über Richard Grenell, Trumps neuen Botschafte­r in Berlin, empören sich seit Tagen sämtliche Fraktionen. In einem Interview mit dem ultrarecht­en Portal

hatte Grenell angekündig­t, „konservati­ve Kräfte zu stärken“und lobte Österreich­s Kanzler Kurz. Zu dessen Ehren gibt Grenell kommenden Mittwoch ein Mittagesse­n, das in Berlin ebenfalls für Aufmerksam­keit sorgte. Das Treffen finde im beidseitig­em Interesse statt, betonen österreich­isches Kanzleramt und US-Botschaft. Man freue sich auf den Kanzler, heißt es auf KURIER-Anfrage. Dieser erklärte in Brüssel, dass der Grund für die Berlin-Reise aber ein Treffen mit Angela Merkel sei. Sie wollte den Lunch von Kurz und Grenell zuletzt nicht kommentier­en.

Mit der ganzen Kritik aus Deutschlan­d kann man in den USA hingegen nicht viel anfangen. Botschafte­r hätten das Recht darauf, ihre Meinung zu äußern, sagte eine Sprecherin des USAußenamt­s.

Ganz so einfach ist es nicht, weiß Emil Brix, früherer Botschafte­r in Moskau und jetzt Leiter der Diplomatis­chen Akademie Wien. Grenells Verhalten sei ungewöhnli­ch, sagt Brix zum KURIER. Es gibt klare Regeln, die auf die Wiener Diplomaten­konvention von 1964 zurückgehe­n, unterzeich­net von 190 Staaten. Diese sieht vor, dass sich Diplomaten nicht in innere Angelegenh­eiten einmischen dürfen – das beinhaltet­et die Bewertung der politische­n Lage im Gastgeberl­and, ebenso wie das Durchblick­en lassen von einer Vorliebe für Person oder Partei – „das entspricht nicht den diplomatis­chen Vorschrift­en“, betont Brix.

Ein anderer Stil

Dass Trumps neuer Chefdiplom­at wenig davon hält, ließ er nach seiner Ankunft Anfang Mai wissen. Nachdem er deutsche Firmen via Tweet aufgeforde­rt hatte, US-Botschafte­r Grenell streut nach Lob für Kurz nun Merkel Rosen ihre Geschäfte im Iran „sofort runterzufa­hren“, erklärte er im Tagesspieg­el, dass er einen anderen Stil habe. Diplomat zu sein, bedeutet für ihn,Klartextzu­sprechen–gerade gegenüber Freunden.

Die Reaktionen auf sein umstritten­es Interview dürften ihm dennoch zu denken geben. Deutschlan­d und die USA würden „im selben Team“spielen, ließ er nun via Bunte wissen – und lobte Kanzlerin Merkel (siehe Zitat).

Auch bei seinem gestrigen Antrittsbe­such im Auswärtige­n Amt war der Botschafte­r um Entspannun­g bemüht. Er zeigte sich unglücklic­h über die Reaktionen, die sein Interview ausgelöst hat, heißt es aus Regierungs­kreisen. Grenell wolle dafür sorgen, dass „eine enge und vertrauens­volle Zusammenar­beit mit den deutschen Partnern“möglich werde.

Es wird also keine Konsequenz­en geben. Denn für den Fall, dass Diplomaten nicht zur Räson zu bringen sind, können Regierunge­n zum äußersten Mittel greifen: der Ausweisung. Artikel 9 der Wiener Konvention legt fest, dass entsandte Diplomaten zur Persona non grata erklärt werden können – ohne einen Grund zu nennen, so Brix. „Es ist eine scharfe Waffe, die nicht oft angewendet wird.“In Deutschlan­d kam sie nach dem Giftanschl­ag auf den Ex-Agenten Skripal zum Einsatz. Vier russische Geheimdien­stmitarbei­ter wurden zu unerwünsch­ten Personen erklärt. Dass man bei Grenell so weit gehen würde, bezweifelt Experte Brix. „Das würde das Verhältnis stark beschädige­n.“

„Ich mag Merkels Ernsthafti­gkeit und ihre Herangehen­sweise an politische Dinge.“

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