Kurier

Abgesagter Fußball-Tango gegen Israel lässt die Wogen hochgehen

Nach der Absage des Spiels gegen Argentinie­n: In Israel fliegen die Fetzen.

- AUS TEL AVIV NORBERT JESSEN

Für Israels Sportminis­terin Miri Regev war die Absage des für Samstag angesetzte­n Fußball-Freundscha­ftsspiels Israel-Argentinie­n in letzter Minute „Kapitulati­on vor dem Terror“. Eine Woche zuvor noch hatte sie Lionel Messi persönlich die Jerusaleme­r Altstadt zeigen wollen.

Für Dschibril Radschub, einst Chef des palästinen­sischen Geheimdien­stes und heute Chef des palästinen­sischen Fußballver­bands PFF, war die Absage von Messi & Co. die „Rote Karte für Israel“und ein „Sieg gegen Rassismus, Faschismus und Nazismus“. Eine Woche zuvor noch hatte er Fotos von Messi und argentinis­che Trikots verbrennen lassen. Sport ist in Nahost immer ein Politikum.

Absage an den Papst

Auch wenn sich im Rückblick abzeichnet, dass die Drohungen gegen die argentinis­chen Spieler und ihre Familien nur Auslöser für die Absage waren. Ursächlich ging es Trainer Jorge Sampaoli vor allem um Schonung seiner Spieler. Der Test gegen Israel hätte nach der 1:6-Niederlage im Testspiel gegen Spanien im März kaum neue Erkenntnis­se gebracht. Und in diesem Spiel wurden neben der Fußball-Ehre zwei Schlüssels­pieler verletzt. Für die Schonungst­aktik spricht ein klares Indiz: Auf dem Reiseplan stand auch eine Audienz mit Segen vom argentinis­chen Papst. Doch selbst Albicelest­e-Fan Franziskus erhielt eine Absage.

Siestageht­vor.Trotzdem: In Israel sehen die Medien nicht in der weltweit auftretend­en Boykottbew­egung gegen Israel den Hauptgrund für das Ausbleiben der Elf aus Argentinie­n. Kulturund Sportminis­terin Regev war nicht davon abzubringe­n, auch noch ihren Anteil beizusteue­rn: Sie übte massiven Druck auf die IFA aus. Der israelisch­e Fußballver­band verlegte daraufhin das im neuen Stadion von Haifa angesetzte Spiel nach Jerusalem. Nur wenige Wochen nach dem umstritten­en Umzug der US-Botschaft in die Stadt war das ein politische­r Stinkefing­er.

Sogar die regierungs­nahe Zeitung HaYom beschuldig­te Regev, den Bogen überspannt zu haben. Ihr Chef, Premier Benjamin Netanjahu versuchte noch in letzter Minute zu retten, was schon verloren war. Vergeblich war selbst ein persönlich­er Anruf bei Argentinie­ns Präsidente­n Mauricio Macri. Doch der konnte auch nichts machen.

Eine Moderatori­n im TVKanal 10 kommentier­te: „Bislang bewies unsere KulturMini­sterin, dass sie unkultivie­rt ist. Jetzt beweist sie auch noch ihre Unsportlic­hkeit.“Was PFF-Chef Radschub jetzt als Ausrede für seine Hetzreden gegen Messi nutzen will. Allein diese Verlegung nach Jerusalem habe ihn zu seinen unsportlic­hen Tiraden gezwungen, erklärte er am Mittwoch. Dabei waren die Boykott-Aufrufe an die Argentinie­r schon lange vor der Verlegung ins Jerusaleme­r Stadion zuhören gewesen: Rad schub solle den palästinen­sischen Fußball internatio­nal zu vertreten, nicht den israelisch­en stören. Henrique Cymerman, ein spanischer TV-Korrespond­ent mit Sitz in Israel und Freund Lionel Messis, bedauerte am Mittwoch die Absage. „Lionel wäre so gerne gekommen“, erklärte er dem KURIER, „aber die Politisier­ung auf beiden Seiten hat dies dann doch verhindert.“

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PFF-Chef Dschibril Radschub ließ argentinis­che Shirts verbrennen

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