USA gegen EU: Wer zahlt die Zeche?
Erdnussbutter, Jeans, Harleys und Bourbon: Ab Juli schlägt die EU mit Zöllen auf US-Waren zurück
Die EU macht Ernst: Ab 1. Juli treten die bei der Welthandelsorganisation (WTO) angemeldeten Zollaufschläge für typische US-Produkte in Kraft. Das ist die Retourkutsche für die Strafzölle, die die USA seit Juni auf Stahl- und Aluprodukte aus der EU verrechnen.
Ist das bereits ein Handelskrieg?
In Brüssel nimmt den Begriff niemand in den Mund, weil man eine Eskalationsspirale vermeiden will. US-Minister Wilbur Ross hatte freilich eine besonders originelle Meinung. Ein Handelskrieg sei es erst, wenn die EU mit Strafzöllen reagiert. Mit anderen Worten: Nicht die Aggression startet den Krieg, sondern das „Zurückschießen“.
Fakt ist: Ein Handelskrieg liefert keine dramatischen Bilder von Raketen. Der Schaden entfaltet sich schleichend. Den Unternehmen brechen Geschäftsfelder weg, die Lieferanten aus anderen Ländern billiger bedienen können. Die Konsumenten zahlen drauf, weil Strafzölle die Produkte verteuern und weniger Konkurrenzkampf die Preise steigen lässt. So haben die Stahl-undAlupreiseseitAnfangMai bereits spürbar angezogen.
Um welche Beträge geht es bei den Zöllen und Gegenzöllen?
Global gesehen betreffen die neuen US-Stahl-und Alu zölle sowie Quoten Importe im Wert von 48 Milliarden Dollar. AlsRetourkutsc he haben die großen US-Handelspartner (EU, Kanada, Mexiko, Türkei, Japan, Russland, Indien und China) Kompensat ions zölle von 38 Milliarden Dollar beiderWTO angemeldet. Weil jeder seine eigene Auswahl trifft, ist das ein buntes Spektrum – von Stahl, Alu, Kohle, über Schweinefleisch bis zu Nüssen oder Käse. Somit werden US-Firmen aus vielen Branchen Einbußen spüren.
Warum sind auf der EU-Liste so seltsame Nischen-Produkte wie Erdnussbutter oder Cranberries?
Was dabei gerne übersehen wird: „Die EU-Liste enthält auch unzählige Stahlprodukte, die auf fast 900 Millionen Euro kommen“, sagt ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr zum KURIER. Mehr Beachtung finden freilich US-Konsumartikel wie Bourbon Whiskey (Jack Daniel’s) um 417 Millionen Euro, Kosmetika (Estee Lauder) im Wert von 337 Millionen Euro, Motorräder (HarleyDavidson) um 166 Millionen Euro oder Grillgeräte (Weber) um 41 Millionen Euro. Bizarr: Sogar Spielkarten-ImportestehenaufderEU-Liste, mit 117 Millionen Euro Wert.
Damit den Schaden primär die US-Firmen haben und nicht die EUKonsumenten draufzahlen, sollte es andere Bezugsquellen geben. Das sei bei Orangensaft oder Stahlprodukten kein Problem, die zitierten Markenartikel würden wohl teurer.
Wie wirkt sich das etwa auf heimische Harley-Händler aus?
Die Folgen wären dramatisch, warnt Ferdinand O. Fischer, Österreichs größter Harley-DavidsonHändler. Ein Bike koste nicht zuletzt wegen der hohen Steuer in Öster- reich durchschnittlich 20.000 bis 23.000 Euro. Bei einem Aufschlag von 25 Prozent steige der typische Mittelschicht-Kunde aus: „Die Verkäufe würden einbrechen, gegen Null gehen.“In Österreich werden mit Harleys samt Zubehör an die 36 Millionen Euro Umsatz erzielt. Laut Schätzungen werden in Europa 46.000 Stück im Jahr verkauft. Fischer hofft, dass Bikes auf der finalen EU-Liste ausgenommen sind. Sonst werde Trump die US-Zölle wohl auf Autoimporte ausweiten.
Was wäre die Alternative?
Das Problem ist Trumps Unberechenbarkeit. Wenn die EU einen Rückzieher macht, könnte er sich erst recht bestätigt fühlen. „Wer Zölle vermeiden will, muss eine Drohkulisse aufbauen“, sagt Felbermayr. Das klinge paradox, sei aber eine simple Lehre aus der Spieltheorie. Erdnussbutter und Co. seien da freilich „Peanuts“. Wirklich hart treffen würde die Amerikaner eine dreiprozentige Digitalsteuer auf die Umsätze der Internet-Riesen.