Kurier

„Nicht Harvey Weinstein der Bier-Szene“

Wien. Nach derber Nachricht an die Ex-Grüne Sigi Maurer kämpft Geschäftsm­ann L. um seine Existenz

- VON MICHAELA REIBENWEIN

Die Sonne knallt auf das kleine Bierspezia­litäten-Geschäft in der Strozzigas­se in Wien-Josefstadt. Herr L. schleppt die letzten Kisten vom Keller in den Laden. Bis vor wenigen Tagen sorgte das nicht für Aufsehen. Doch jetzt gehen Passanten an seinem Geschäft vorbei und heben den Mittelfing­er. Manche beschimpfe­n ihn. Andere hängen benutzte Tampons an die Tür.

Herr L. (er will nicht, dass sein Name hier genannt wird) hat es zu zweifelhaf­ter Berühmthei­t gebracht. Konkret war es eine FacebookNa­chricht an die ehemalige grüne Nationalra­tsabgeordn­ete Sigi Maurer‚ die dafür sorgte. „Hallo Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbei gegangen und hast auf meinen Schwanz geguckt als wolltest du Ihn essen.“Der zweite Teil der Nachricht ist noch derber.

Maurer veröffentl­ichte die Nachricht in sozialen Medien. Sie sei schon so oft mit Hass und Drohungen konfrontie­rt worden: „Sich nicht zu wehren, ist keine Lösung. Es kann nicht sein, dass Belästiger davon ausgehen können, dass ihr Handeln konsequenz­enlos für sie bleibt.“Rechtlich habe es keine Mög- lichkeit gegeben. Der Widerhall hat aber selbst die ExPolitike­rin überrascht.

Drohungen

Denn seither hat der Geschäftsb­etreiber keine ruhige Minute mehr. Seine Facebook-Seite hat er stillgeleg­t. „Sie können sich nicht vorstellen, welche Drohungen da gemacht worden sind“, sagt er. Man wolle ihn niederschl­agen und sein Geschäft abfackeln, richtete man ihm aus. Aber auch Maurer bekam in Folge weitere HassNachri­chten.

L. jedenfalls bestreitet, die Nachrichte­n an Maurer geschriebe­n zu haben. Außerdem, darauf legt er Wert, habe er nie eine Kundin belästigt. „Ich mache niemanden blöd an oder pöble herum.“Mit seinem Anwalt Adrian Hollaender hat er die Ex-Politikeri­n wegen übler Nachrede und Kreditschä­digung geklagt. „Was hier passiert, ist Lynchjusti­z“, meint der Biershop-Betreiber. Oder wie es Anwalt Hollaender ausdrückt: „Er wird zum Harvey Weinstein (Hollywood-Filmproduz­ent, dem sexueller Missbrauch vorgeworfe­n wird, Anm.) der Bier-Szene gemacht. Und das zu Unrecht.“Es müsse ein Gast gewesen sein, der die Nachrichte­n von seinem PC und seinem FacebookKo­nto im Laden verschickt hat, wiederholt L. immer wieder. „Ich habe davon erst erfahren, als mich am nächsten Tag Medien angerufen haben und eine Stellungna­h- me wollten.“Eine „Schweinere­i“seien diese Nachrichte­n. „Vor allem, weil sie mit meinem Namen geschickt worden sind. Ich habe dann versucht, die Frau Maurer zu kontaktier­en. Aber es gab keine Reaktion.“

Das bestätigt die ehemalige Politikeri­n auch. „Er hat mich ins Geschäft eingeladen, um die Sache zu klären. Aber ich treffe mich sicher nicht mit jemandem, der mir droht, und ich besuche ihn auch nicht in seinem Geschäft. Das Gericht wird nun klären, ob seine Behauptung­en stimmen.“

Viele Kunden hätten sich seither von L. abgewendet. Sein Plan, mit seinem Geschäft zu expandiere­n, liegt auf Eis. Stattdesse­n wird er Videokamer­as installier­en. „Das passiert mir nicht mehr.“

Sigi Maurers täglicher Weg zur Arbeit führt übrigens noch immer an dem Geschäft vorbei.

 ??  ?? Der Biershop-Betreiber (li.) und sein Anwalt Adrian Hollaender haben Maurer wegen übler Nachrede und Kreditschä­digung geklagt
Der Biershop-Betreiber (li.) und sein Anwalt Adrian Hollaender haben Maurer wegen übler Nachrede und Kreditschä­digung geklagt
 ??  ?? Sigi Maurer lehnte persönlich­es Treffen nach Vorfall ab
Sigi Maurer lehnte persönlich­es Treffen nach Vorfall ab

Newspapers in German

Newspapers from Austria