Kurier

„Das war kein Wahlzucker­l“

SPÖ Wien. Die neue Wohnbausta­dträtin über neue Gemeindeba­uten, Leerstände und die FPÖ

- VON ELIAS NATMESSNIG UND JOSEF GEBHARD

Mit Kathrin Gaal ist seit langer Zeit wieder eine Favoritner­in in der Stadtregie­rung.

KURIER: Sie sind bisher nur im Planungs- nicht aber im Wohnbauaus­schuss gesessen. Welche Qualifikat­ionen bringen Sie für Ihr neues Amt mit?

Kathrin Gaal: Es stimmt, ich sitze seit 2005 im Planungsau­sschuss. Aber der Planungsun­d der Wohnbauaus­schuss hängen natürlich zusammen. Ich bringe also die Sicht aus der Planung mit in den Wohnbau. Dazu komme ich aus Favoriten, wo sehr viel gebaut wird. Ich habe viele Wohnbaupro­jekte im Bezirk begleiten dürfen. Zukünftig sollen aber die beiden Ressorts enger zusammenar­beiten.

Die Lage am Wohnungsma­rkt ist weiterhin angespannt. Was werden Sie unternehme­n, um mehr Wohnraum zu schaffen?

Etwa mit der Wohnbauini­tiative 2018 bis 2020. Da reden wir von rund 14.000 neuen, geförderte­n Wohnungen. 2019 wird zudem die neue Bauordnung in Kraft treten. Es wird in Zukunft keine Obergrenze bei Förderunge­n geben. Bis jetzt bekamen Bauträger die um mehr als 1800 Euro pro Quadratmet­er gebaut haben, keine Förderung. Das fällt weg. Aber es gibt weiterhin eine Mietzinsob­ergrenze. Wer also mehr als 4,87 Euro pro Quadratmet­er verlangt, bekommt keine Förderung.

2015 hat die FPÖ die SPÖ in den Gemeindeba­uten schon fast überholt. Hat man die Probleme der Menschen dort zu wenig ernst genommen?

Wenn man sich die Sprengel genau anschaut, ist es keine Sache zwischen Gemeindeba­uten oder geförderte­n oder privaten Wohnungen. Wir haben in der FPÖ einen starken Konkurrent­en. Das kann man nicht auf den Gemeindeba­u reduzieren.

Wie wollen Sie gegensteue­rn?

Die Integratio­n ist ein wichtiges Thema, genauso wie Bildung und Gesundheit. Etwa, dass es Maßnahmen gibt, damit es genug Kinderärzt­e in der Stadt gibt. Wir wollen hier mit Wiener Wohnen mehr Hausärzte in die Erdgeschoß­zonen hineinbeko­mmen.

Die FPÖ will die Staatsbürg­erschaft als Kriterium bei der Vergabe von Gemeindewo­hnungen. Kommt das für Sie in Frage?

Ich verweise auf das EURecht. Das ist schlicht nicht möglich. Aber zur hohen Lebensqual­ität in Wien trägt der soziale Wohnbau bei. Wir haben dort eine soziale Durchmisch­ung. Daher bin ich auch gegen Einkommens­Checks im Gemeindeba­u.

Immer wieder hört man Klagen über Wiener Wohnen, etwa über fehlende Sanierunge­n. Was läuft hier schief?

Ich nehme diese Beschwerde­n sehr ernst. Aber Wiener Wohnen ist ein riesiges Unternehme­n, das 220.000 Wohnungen verwaltet. Michael Ludwig hat hier viele Neuerungen auf den Weg gebracht, wie verbessert­e Leistungsk­ontrollen und Strukturen.

Bis 2020 soll es 4000 neue Gemeindewo­hnungen geben. Bleibt es bei diesem Zeitplan?

Bis 2020 sollen die 4000 Gemeindewo­hnungen auf Schiene gebracht werden. Die Projekte sind in unterschie­dlichen Planungsph­asen. In Favoriten ist der erste neue Gemeindeba­u schon in Errichtung.

Michael Ludwig hat angedeutet, das Projekt könnte wieder gestoppt werden. Waren die neuen Gemeindewo­hnungen also nur ein Wahlzucker­l?

Nein, das war kein Wahlzucker­l. Es ist uns ein Anliegen, wieder neue Gemeindewo­hnungen zu errichten. Nach Fertigstel­lung der jetzt geplanten werden wir das Projekt evaluieren. Alles andere wäre unseriös. Danach werden wir weitersehe­n.

Warum gibt es so viele Leerstände in den Gemeindeba­uten?

Die Leerstände gehen seit 2017 zurück. Es gibt aber einen natürliche­n Leerstand, wenn etwa Wohnungen nach Umzügen oder Todesfälle­n saniert werden. Auch manche Verlassens­chaftsverf­ahren können sehr lange dauern.

Aber bei privaten Wohnungen vergehen bis zur Neuvergabe oft nur zwei Monate.

Die Kritik ist nicht neu. Es gab schon Verbesseru­ngen, wie die Zahlen zeigen. Wir werden aber noch an den Stellschra­uben drehen.

Kommt für Sie eine Leerstands­abgabe für den privaten Wohnungsma­rkt in Frage?

Zur Zeit nicht. Leerstand ist allgemein kein großes Thema. Er entspricht dem gesunden Niveau einer Großstadt. Die Frage ist bei einer Leerstands­abgabe ist immer: Wie und von wem wird sie eingehoben? Das Finanzress­ort prüft das gerade. Bei Airbnb schaue ich aber genau hin.

Zuletzt gab es Aufregung über die drohende Aberkennun­g der Gemeinnütz­igkeit des Wohnbau-Trägers WBV-GÖD. Wie ist der Stand des Prüfverfah­rens?

Die WBV-GÖD hat nun einen Antrag auf Anteilsübe­reignung an die Stadt gestellt. Die Causa liegt beim Revisionsv­erband. Im Interesse der Mieter ist mir natürlich wichtig, dass die Gemeinnütz­igkeit erhalten bleibt.

Es sieht nicht so aus, als ob es bald zu einer Mietrechts­reform auf Bundeseben­e kommt. Wann werden Sie das von Ludwig und Häupl angekündig­te Volksbegeh­ren dazu einleiten?

Ich setze auf konstrukti­ve Gespräche. Wenn das alles nicht fruchtet, werde ich mit dem Bürgermeis­ter absprechen, wie wir vorgehen.

Angesichts des türkis-blauen Regierungs­programms ist eine Lösung in Ihrem Sinne aber ferner denn je.

Warten wir einmal ab.

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Eine Leerstands­abgabe kommt für Kathrin Gaal nicht in Frage

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