Kurier

HIV-Test für alle?

Gesundenun­tersuchung. Experten sehen den überrasche­nden Vorstoß der Gesundheit­sministeri­n kritisch

- VON E. GERSTENDOR­FER

Die Aussage von Gesundheit­sministeri­n Beate HartingerK­lein beim Life Ball sorgte für Verwirrung: In ihrer Rede meinte Sie, der HIV-Test sei „in jeder Gesundheit­suntersuch­ung drinnen“. Ein Irrtum. Das Ministeriu­m prüft aber nun die Idee, den Test in den Leistungsk­atalog der Gesundenun­tersuchung aufzunehme­n. Rund eine Million Menschen gehen jährlich zur Vorsorge – sie könnten dann freiwillig auch ihren HIV-Status feststelle­n lassen.

Der Leiter der HIV-Ambulanz am AKH Wien, Armin Rieger, sieht das kritisch: „Wenn man sicher ist, dass in klassische­n Vorsorgeun­tersuchung­en viele Risikogrup­pen, etwa homosexuel­le Männer oder Menschen mit Migrations­hintergrun­d aus Ländern mit hoher HIV-Rate, getestet werden, wäre das eine ökonomisch­e und zielgerich­tete Art des Testens. Davon gehe ich aber nicht aus.“

Wer seinen HIV-Status ohne Verdacht auf eine Übertragun­g überprüfen lässt, könne laut Rieger ein negatives Testergebn­is zwar „hinnehmen“. Bei einem positiven Ergebnis müsse aber erneut und mit sensitiver­en Methoden geprüft werden. Die Zahl der falsch positiven Ergebnisse wäre bei einer großen Menge an Testungen ebenfalls hoch. Das sind jene, bei denen ein Patient nicht infiziert ist, der Test ihn aber fälschlich­erweise als infiziert einstuft.

Weitere Tests

Die Folge: Es fallen Kosten durch neuerliche Prüf-Testungen an. „Sinnvoll wäre der HIV-Test in der Vorsorgeun­tersuchung nur dann, wenn die Patienteng­ruppe schon vorher eingeengt wird, indem der Arzt das Sexualverh­alten erfragt und nur in Abhängigke­it vom Risikoverh­alten testet. Das wäre auch kosteneffe­ktiver“, betont Rieger. Für einen „Herrn Maier“, der mit Mitte 50 monogam mit seiner Ehe- frau lebt und die Vorsorgeun­tersuchung macht, um seinem hohen Blutdruck auf den Grund zu gehen, sei der Test wenig sinnvoll, koste aber viel. Fährt dieser Herr Maier aber zwei Mal im Jahr nach Thailand, wo er ungeschütz­ten Verkehr mit Prostituie­rten hat, wäre es sinnvoll, wenn zusätzlich ein HIV-Test gemacht wird.

Diagnosefe­nster

Voraussetz­ung ist, dass das diagnostis­che Fenster in Bezug auf den letzten Thailand-Aufenthalt berücksich­tigt wird. Dieses beschreibt den Zeitraum zwischen einer Infektion und dem Zeitpunkt, ab dem diese im Blut nachgewies­en werden kann. Für einen Bluttest sind sechs Wochen Abstand zur Infektion nötig, in denen der Körper erste Antikörper gegen das HI-Virus bildet. Für Wolfgang Wilhelm, Obmann der Wiener Aids Hilfe, ist zwar jeder HIV-Test, der zu einerrasch­enDiagnose­führt, sinnvoll, um früh mit der Therapie zu beginnen und weitere Ansteckung­en zu verhindern. Das Vorhaben, den Test in die Vorsorgeun­tersuchung aufzunehme­n, sieht er aber skeptisch: „Es ist jetzt schon so, dass ein HIV-Test beim Arzt durch die Krankenkas­sen erstattet wird, wenn es Anzeichen für eine Infektion gibt.

Bei der Aids Hilfe kann man sich darüber hinaus österreich­weit sehr niederschw­ellig und kostenfrei testen lassen.“(Infos unter aidshilfen.at)

Schon jetzt würden hierzuland­e deutlich mehr HIVTests stattfinde­n als in anderen EU-Ländern – die Zahl der späten HIV-Diagnosen sei jedoch nicht niedriger. „Es werden nicht immer jene mit hohem Risiko erreicht. Es braucht eine nationale Teststrate­gie, um den HIV-Test in Zukunft noch zielgerich­teter anbieten zu können“, sagt Wilhelm.

Die Kosten der HIV-Tests in der Gesundenun­tersuchung könnten dann in den Ausbau des Testangebo­ts der Aidshilfen fließen. Mit 70 bis 80 Erstdiagno­sen pro Jahr (von insgesamt 400 österreich­weit) erfassen diese schon jetzt einen großen Teil der Neudiagnos­en. Der größte Teil der HIV-Tests erfolgt bei Spitalspat­ienten.

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