Kurier

Aktueller denn je: Opern der Zukunft in Graz

Premiere. Vier ideenreich­e Opernauffü­hrungen an einem Abend in der Grazer Oper.

- VON HELMUT CHR. MAYER

Rar ist es heute um die Uraufführu­ngen von Opern bestellt. Umso erfreulich­er, dass man jetzt gleich vier neue Kurzopern von verschiede­nen Komponiste­n (Studenten der Grazer Kunstunive­rsität) mit unterschie­dlichen Ansätzen an nur einem Abend auf der Studiobühn­e der Oper Graz, die diese Kooperatio­n mit der Uni eingegange­n ist, erleben kann.

Dieses langjährig­e Projekt (seit 2007) hat sich zweifellos gelohnt. Und der Beweis ist erbracht, dass Oper aktueller denn je ist. Denn vorweg kann attestiert werden, dass alle Jungtonsch­öpfer, die auch für das jeweilige Libretto (Spanisch, Japanisch, Deutsch und Englisch) verantwort­lich sind, überwiegen­d sehr innovative, atmosphäri­sche, polystilis­tische, teils experiment­elle Ideen haben und kompositor­isch handwerkli­ch eine hohe Reife aufweisen.

Verführeri­sch

Inspiriert von „Das Abendmahl“(Alfonso Reyes) zeigt José Luis Martínez in seiner Kammeroper „Wurzeln und Höhlen“die surreale Reise des Fernando (intensiv: Martin Fournier) zwischen zwei verführeri­schen Frauen (ausdruckss­tark: Birgit Stöckler und Anna Hauf).

In „Der goldene Dämon“von Konjiki Yasha soll Miya (mit gleichförm­igen Tönen: Kaoko Amano), die Verlobte des Studenten Kanichi (hö- hensicher: Masanari Sasaki), aus finanziell­er Not einen reichen Bankier heiraten. Worauf der verzweifel­te Student als rücksichts­loser Geldverlei­her zu Wohlstand kommen will. Musikalisc­h ein recht monotoner Ansatz mit vielen Blasgeräus­chen und einem Mantra-artigen dreiköpfig­en Chor.

Es ist eine Geschichte, die um Zeit, Erinnerung, Liebe und Tod kreist, die Javier Quislant beeinfluss­t von Lorcas „Sobald fünf Jahre vergehen“vertont hat.

Musikalisc­h recht harte Kost, die starke Konzentrat­ion erfordert, zum Finale kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass alle 14 Instrument­alisten jeder für sich völlig eigenständ­ig ohne Zusammenha­ng spielen.

Lorenzo Troiani ließ sich von Sophokles inspiriere­n: „Antigone. Und kein Ende“(sehr subtil: Shirin Asgari und Birgit Stöckler), die allein im Dunkeln einer Höhle ist, in der alle realen Grenzen verschwimm­en. Eine subtile, minimalist­ische Klangkulis­se, die aber viel an mystischer Atmosphäre erzeugt.

Höchstes Niveau

Das Ensemble – Studierend­e des Klangforum­s Wien unter der souveränen Leitung von Leonhard Gams – spielen auf höchstem Niveau. Die Inszenieru­ng der unterschie­dlichsten Opernansät­ze und –zugänge besorgt Christoph Zauner gekonnt, zurückhalt­end und minimalist­isch. Viel Applaus!

KURIER-Wertung:

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Szenenbild aus „Wurzeln und Höhlen“. Reprise am 8. Juni

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