Kurier

Die USA sind kein Partner Europas mehr

Ein US-Experte im KURIER-Interview über die EU zwischen Trump und Putin

- VON KONRAD KRAMAR

Handelskri­ege, weltpoliti­sche Alleingäng­e, Schmusekur­s und Drohungen: Donald Trump ist eine offene Herausford­erung an Europa. Die traditione­lle Partnersch­aft ist aufgekündi­gt – und die EU muss die Konsequenz­en ziehen, erklärt Josef Braml, USExperte der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik im KURIER-Interview.

KURIER: Was hat sich im Verhältnis USA–Europa unter Trump geändert?

Josef Braml: Europa hat sich über Jahrzehnte auf den väterliche­n Machthaber USA verlassen, der einen Schutzschi­rm aufgestell­t hat, unter den wir uns bequem stellen konnten. Der hat mit dem Dollar die Leitwährun­g vorgegeben und außerdem garantiert, dass das System der internatio­nalen Institutio­nen wie WTO, NATO, UNO funktionie­rt. Das ist vorbei, und je rascher wir in Europa das realisiere­n, umso besser. Europa muss aufwachen und sich von dem Wunschdenk­en lösen, dass es eine auf Regeln beruhende Weltordnun­g gibt, in der man auf Partnersch­aften setzen kann. Für Trump gibt es nur Rivalen, und er kann Amerikas Interessen nur gegen diese durchsetze­n. Dass der Liberalism­us und seine Institutio­nen funktionie­ren, ist ein Wunschtrau­m. Trump ist entschloss­en, diese Institutio­nen zu entmachten, sie kaputtzuma­chen.

War die Entwicklun­g absehbar?

Die USA waren schon unter Obama zu schwach, um ihre Rolle als Schützer der liberalen Weltordnun­g zu erfüllen. Das europäisch­e Vertrauen in eine Weltordnun­g, die auf Regeln basiert, ist einfach naiv. Es gibt eine knallharte Welt des machtpolit­ischen Realismus, in der es keine Freunde gibt, nur noch rivalisier­ende Blöcke.

Europa probt doch im Streit um das Atomabkomm­en mit Iran gerade Geschlosse­nheit?

Der Streitfall Iran zeigt, wie erpressbar Europa ist. Der politische Zusammensc­hluss Europas gegen die USA kann nicht funktionie­ren, weil die europäisch­e Wirtschaft einfach viel größere Interessen in den USA hat als im Iran. Für irgendwelc­he Zukunftsho­ffnungen im Iran riskiert man das US-Geschäft nicht. So wird der politische Zusammenha­lt durch die Wirtschaft untergrabe­n.

Wie werden die USA weiter gegen den Iran vorgehen?

Die USA wissen genau, dass wenn sie und Europa sich aus dem Iran zurückzieh­en, macht China dort das große Geschäft. Das werden sie nicht zulassen. Ich rechne daher fix mit einer Militärakt­ion gegen den Iran, entweder von den USA oder Israel oder beiden gemeinsam. Vermutlich noch dieses Jahr.

Kann sich Europa im Streit um Zollschran­ken durchsetze­n?

Europa versucht jetzt mit seinen Strafzölle­n Politik zu machen. Mit Zöllen auf Produkte wie Harley Davidsons oder Bourbon Whiskey will man gezielt US-Bundesstaa­ten treffen, in denen prominente Republikan­er das Sagen haben. Die sollen Trump einbremsen. Ein fataler Trugschlus­s. Denn die republikan­ische Partei gibt es nicht mehr, Trump hat sie zerstört, er hat gezeigt, dass er sie nicht braucht, um gewählt zu werden. Auch das System der checks and balances, also der demokratis­chen Gewaltente­ilung, hat er ausgehebel­t, indem er Handelsfra­gen zu Sicherheit­sfragen erklärt hat und damit darüber im Alleingang entscheide­n kann. Auch die Idee, dass Trump von den moderaten Kräften in seinem Team schon zur Vernunft gebracht wird, war eine Schnapside­e. Er hat sie einfach konsequent entfernt und sich dafür Hardliner ins Team geholt, die sein Weltbild teilen. Und das Verhältnis zu Russland?

Unser Nachbar im Osten verfolgt ausschließ­lich egoistisch­e Interessen und ist keineswegs friedlich. Auch gegenüber Russland darf sich Europa nicht erpressbar machen, und ohne eigene Militärmac­ht sind wir das. Wer in dieser Welt der Rivalitäte­n nicht verteidigu­ngsbereit ist, macht sich erpressbar, das ist die Lektion der Realpoliti­k.

Auf welche Strategie aber soll Europa in Zukunft setzen?

Dass europäisch­e Firmen in den USA investiert haben, war langfristi­g betrachtet nur scheinbar attraktiv. Die USA haben dafür mit Papiergeld bezahlt, das ihre Notenbank einfach in wachsendem Tempo produziert hat. Wir Europäer halten jetzt US-Währungsre­serven von zweifelhaf­tem Wert. Europäisch­e Firmen sollten mit politische­r Unterstütz­ung in Europa investiere­n. Wir müssen die Infrastruk­tur des Kontinents erneuern und ausbauen, das machtunsst­ärker,nichtdieIl­lusion von einer Partnersch­aft, die es eigentlich nicht mehr gibt.

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Als wirtschaft­liche Führungsma­cht in Europa muss Merkel anerkennen, dass es internatio­nal keine Partner mehr gibt
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Partnersch­aft mit Trump ist unmöglich: US-Experte Braml

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