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Österreich gewinnt in Osteuropa mehr, als der EU-Beitrag kostet

Direktinve­stitionen. Firmen erzielten Profit in Höhe von 1,2 Prozent des BIP, der EU-Nettobeitr­ag waren 0,27 Prozent.

- VON H. SILEITSCH-PARZER WAS ÖSTERREICH­S FIRMEN VERDIENEN

Natürlich, die Zahlen ließen sich nicht ohne Weiteres vergleiche­n, räumt Gabor Hunya, Ökonom am Wiener Institut für Internatio­nale Wirtschaft­svergleich­e (WIIW), ein: „Das eine sind Staatsausg­aben, das andere private Gewinne.“Aber bemerkensw­ert sind die Zahlen doch.

Die Investitio­nen von Österreich­s Unternehme­n in den osteuropäi­schen EU-Ländern sind hochprofit­abel. Im Vorjahr haben sie Gewinne in Höhe von 1,2 Prozent der Wirtschaft­sleistung (BIP) abgeworfen. Zum Vergleich: Österreich­s Netto-Beitrag zum EU-Budget betrug 2016 rund 0,27 Prozent des BIP.

Nun besteht der Nutzen der EU-Mitgliedsc­haft nicht allein darin, den Firmen Gewinne im Ausland zu ermögliche­n. Ebenso wenig sind diese nur auf die EU zurückzufü­hren. Ganz abwegig sei der Zusammenha­ng nicht, erklärt Hunya: „Ein großer Teil von Österreich­s Einzahlung­en ins EU-Budget hat dem Aufbau der Infrastruk­tur in den neuen Mitgliedsl­ändern gedient.“Was wiederum den Investoren hilft, höhere Gewinne zu erzielen.

Diese sind in Osteuropa überdurchs­chnittlich hoch: Die Region liefert ein Drittel der weltweiten rot-weiß-roten Erträge, obwohl nur ein Viertel des gesamten Geldes dort eingesetzt wird. Österreich blieb auch im Vorjahr der drittwicht­igste Direktinve­stor in der Region. An der Spitze liegen die Niederland­e, was mit deren Steuerspar­modellen zusammenhä­ngt, gefolgt von Deutschlan­d.

Neuer Nationalis­mus

Insgesamt hat sich der Zustrom ausländisc­her Investitio­nen um ein Viertel auf 72 Milliarden Euro eingebrems­t. Das sei eine Rückkehr zur Normalität nach dem Rekord von 96 Milliarden Euro (2016). Nur der Westbalkan verzeichne­te 2017 ein Plus (Grafik).

Neuansiedl­ungen boomen weiter, aber bei weniger Investitio­nskapital. Die entstehend­en 220.000 neuen Arbeitsplä­tze zu besetzen könnte schwierig werden, glaubt Hunya. Der Arbeitskrä­ftemangel behindere zusätzlich­e Investitio­nen. Einkommen aus Direktinve­stitionen, in Prozent des BIP

im Rest der Welt in den EU-Ländern in Osteuropa

Zudem zeigt sich in einigen Ländern ein neuer Wirtschaft­snationali­mus: Unternehme­n werden in die Hand inländisch­er Investoren zurückgeho­lt – etwa Medienund Telekomfir­men in Tschechien. Manche werden rückversta­atlicht, wie die vormalige UniCredit-Tochter Pekao Bank, die an eine staatliche Versicheru­ng überging. In Ungarn schrumpfte­n ausländisc­he Beteiligun­gen im Energie-, Telekom- und Bankensekt­or, fast das gesamte ausländisc­he Geld f loss in die produziere­nde Industrie.

Österreich­s Nachbarlän­der sind mittlerwei­le ein großer Automobil-Cluster geworden. Sollten die USA (wie angedroht) die Importzöll­e auf Autos anheben, würde dies auch den Zulieferer­n in Mittelund Osteuropa schaden.

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