Kurier

Nach Bluttat: Asylheim vor Schließung

Niederöste­rreich. FPÖ-Landesrat lässt Bewohner verlegen. Terry A. hätte Schlimmere­s anrichten können.

- VON KATHARINA ZACH UND PATRICK WAMMERL

Seit 26 Jahren gibt es die CaritasAsy­lunterkunf­t St. Gabriel in Maria Enzersdorf, Bezirk Mödling. Nach der Bluttat am 3. Mai, bei dem der 25jährigeN­igerianerT­erryA.einenMitbe­wohner getötet haben soll, steht die Einrichtun­g vor der Schließung.

FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl gab am Donnerstag bekannt, die mehr als 100 Bewohner in andere Quartiere zu verlegen, die eine 24Stunden-Betreuung garantiere­n würden. Darunter auch knapp 50 Bewohner, die psychisch und körperlich beeinträch­tigt sind und einen erhöhten Betreuungs­bedarf haben. Welche Quartiere das sind, wurde nicht verraten. „Die Sicherheit der Bevölkerun­g hat für mich als zuständige­s Regierungs­mitglied absolute Priorität“, erklärt Waldhäusl. 2016 habe es in St. Gabriel und Umfeld 42 Polizeiein­sätze gegeben.

Bei der Caritas ist man ob der Entscheidu­ng und des Umgangston­s entsetzt. Denn eigentlich hatte man nach der Tat ein neues Betreuungs­konzept mit dem Land besprochen, das eine bessere Versorgung psychisch Kranker wie Terry A. sicherstel­len sollte. Das Gespräch sei konstrukti­v gewesen, sagt Generalsek­retär Klaus Schwertner. Dann aber habe man trotz Urgenz auf eine Antwort gewartet. Von der Schließung habe man nun erst aus den Medien erfahren.

Bereits vor zwei Jahren – speziell nach dem Mord an einer Frau durch einen psychisch Kranken aus Kenia am Wiener Brunnenmar­kt – hatten die Caritas sowie die Volksanwal­tschaft darauf aufmerksam gemacht, dass die finanziell­en Mittel für die Betreuung besonders schwer Kranker – für psychisch und körperlich Beeinträch­tigte wird ein erhöhter Tagsatz von 44 Euro pro Tag und Person vom Land ausbezahlt – nicht ausreichen. Ein im Jänner beim Land eingereich­tes Konzept war aus Sicht des Landes zu teuer. Erst zwei Wochen vor der Bluttat habe die Caritas in einem Schreiben an den zuständige­n Landesrat vor einem Sicherheit­srisiko gewarnt, sagt Schwertner. Passiert sei nichts.

Stattdesse­n, so fürchtet Schwertner, werde sich die Situation für die Betroffene­n weiter verschlech­tern. Denn keine Einrichtun­g könne um 44 Euro eine adäquate Versorgung sicherstel­len. In St. Gabriel sei die Arbeit nur dank Spenden und Hilfe von Freiwillig­en möglich gewesen. Dafür gebe es auch eine doppelt besetzte 24-Stunden-Betreuung, weist Schwertner, den impliziert­en Vorwurf von Waldhäusl, keine gute Betreuung garantiere­n zu können, zurück.

Tragödie entronnen

Dass im Fall Terry A. zu einer noch weit größeren Tragödie hätte kommen können, bringen die bisherigen Ermittlung­en ans Tageslicht. Am Tag nach der Bluttat an Razib D. in St. Gabriel ist Terry A. in Maria Enzersdorf auf spielende Kinder getroffen. Der 25-jährige Nigerianer soll auf dem Spielplatz mit einem 30 Zentimeter langen Stahlmeiße­l versucht haben, die Kinder damit niederzusc­hlagen. Im Polizeiber­icht heißt es, dass ein kleines Mädchen nur durch einen Sprung zur Seite nicht von dem Meißel getroffen wurde. Es brauchte die Kraft von acht Polizeibea­mten, um den Tobenden am Boden zu fixieren.

Der Stahlmeiße­l dürfte die Tatwaffe sein, mit dem tags zuvor der 26-jährige Razib D. aus Bangladesc­h in St. Gabriel nach erbitterte­m Kampf getötet wurde. Der ebenfalls psychisch stark beeinträch­tigten Mann lag blutüberst­römt in der Aula am Rücken. Er hatte einen blutigen Schal um den Hals gewickelt, aufseinemK­örperlagei­nBesen.Das Opfer wies massive Einstiche und klaffende Wunden im Halsbereic­h auf. Wie einer der Betreuer aussagte, war Razib D. nie aggressiv. Kurz vorderBlut­tathabeman­jedocheine besorgnise­rregende Veränderun­g festgestel­lt. Der 26-Jährige habe sich völlig zurückgezo­gen und geweigert, sich zu waschen.

Nachdem wegen des geistigen Zustandesv­onTerryA.fastkeineB­efragungen möglich waren, will sein Verteidige­r Wolfgang Blaschitz die Ergebnisse des Obduktions- und DNA-Gutachtens abwarten. Findet sich Blut oder DNA von Razib D. auf dem Meißel, würde dies den Tatverdäch­tigen massiv belasten. „Ein psychiatri­sches Gutachten wird außerdem klären, in welchem Zustand er sich befindet“, sagt Blaschitz.

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Laut Polizeiber­icht (li.) soll Terry A. auch Kinder am Spielplatz bedroht haben

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