Kurier

Wetterkapr­iolen: Wo Technik hilft und wo nicht

Regen und Flut. Wetter-Apps taugen nichts, sagt der Meteorolog­e. WienerFors­cherhaben dagegen ein wirksames Modell, um Hochwasser zu simulieren.

- VON ELISABETH HOLZER UND BIRGIT SEISER

Um 6 Uhr früh rückte die Feuerwehr in Waldbach-Mönichwald am Donnerstag aus. Schon wieder. Diesmal rutschte ein Hang auf eine Gemeindest­raße. Für diesen Ort sowie St. Lorenzen am Wechsel bleibt der Katastroph­enplan aufrecht.

Seit mehr als einer Woche das gleiche Szenario: Von Niederöste­rreich über das Burgenland und die Steiermark bis Kärnten vergeht kein Tag ohne Alarm wegen Starkregen­s. Bis nächste Woche dürfte sich das Wetter aus Vormittags­hitze und Nachmittag­sgewitter halten.

In solchen Zeiten vertraut der Mensch gern auf Technik. Wetter-Apps sind auf jedem Smartphone. Doch was taugen sie? Laut dem renommiert­en Meteorolog­en Jörg Kachelmann gar nichts. „95 Prozent der Warnungen sind falsch. Niemand kann am Vormittag sagen, ob es am Nachmittag ein Unwetter geben wird. Früher haben die Meteorolog­en im Fernsehen gesagt, es kann örtlich zu Gewittern kommen. Örtlich bedeutet, dass sie eben nicht wissen, wo.“

Geschäft kaputt

Kachelmann schildert, dass es immer wieder Fälle gibt, woMenschen­sichaufdie­Vorhersage der Apps verlassen undsogarin­Lebensgefa­hrgeraten, weil sie sich auf schönes Wetter, etwa bei einer Bergwander­ung, verlassen. Es ginge den Anbietern aber nur um kommerziel­le Zwecke: „Es gibt so viele Wetterdien­ste, die sich verkaufen wollen. Würden sie das Wetter genau vorhersage­n, würden sie ihr Geschäft zerstören.“

Die einzig verlässlic­hen Quellen seien jene, die in Echtzeit Gewitterak­tivität über Radar anzeigen. Der Appell des Experten: „Löschen Sie alle Wetter-Apps!“

Doch Technik kann durchaus vorsorgen. „Visdom“etwa: Die Software des Wiener Institutes für Virtual Reality und Visualisie­rung simuliert Hochwasser und Überflutun­gen. Je nach Menge der Daten dauert die Berechnung zwischen einer Minute und einer Stunde, beschreibt Geschäftsf­ührer Gerd Hesina. Somit könnte das System im Akutfall von Gemeinden eingesetzt werden, aber die Idee ist eine andere. „Es ist wichtig, dass man Notfallplä­ne entwickelt. Dafür kann man verschiede­ne Szenarien durchspiel­en.“

Virtuelle Katastroph­e

„Visdom“wird mit Daten von Gelände, Gebäuden, Vegetation, Kanalnetz oder Straßenver­kehr gefüttert. Dann bricht die virtuelle Wasser-Katastroph­e herein: Deutlich ist erkennbar, wo Bäche über Ufer treten und Kanäle Abwasser nicht mehr packen. Doch auch Gegenmaßna­hmen wie Sandsäcke und deren Wirkung lassen sich darstellen. Das Modell kann aber mehr, beschreibt Hesina: „Wenn eine Gemeinde eine neue Straße plant, könnte man berechnen, ob es als Schutz reichen würde, sie höher zu bauen.“Köln setzt bereits „Visdom“ein, in Österreich ist es Amstetten sowie der Versicheru­ngsverband.

Die Forscher schnüren gerade Pakete, die Gemeinden angebotenw­erdensolle­n.Die Software hat aber ihren Preis: Ab 20.000 Euro aufwärts.

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Zu viel Regen in zu kurzer Zeit verursacht Katastroph­en. Doch das kann virtuell simuliert werden

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