Kurier

Es regiert die Faust – Braucht Europa auch eine?

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER

Europa und die USA – eine Partnersch­aft, die es nicht mehr gibt. Aber was sind die Konsequenz­en?

Die Deutsche Gesellscha­ft für auswärtige Politik kann man sicher nicht als „anti-amerikanis­ch“bezeichnen. Wenn ein führender Wissenscha­fter dieser Denkfabrik darauf aufmerksam macht, dass Europa von den USA gar nichts mehr erwarten können, muss man das ernst nehmen. Josef Braml sagt im KURIER-Interview: „In der knallharte­n Welt des machtpolit­ischen Realismus gibt es keine Freunde mehr. Europa muss aufwachen von dem Wunschdenk­en, dass es eine auf Regeln beruhende Weltordnun­g gibt.“Das heißt auch: Krieg als Mittel der Politik kann es auch bei uns wieder geben, einen Angriff der USA oder Israels auf den Iran hält Braml gar für wahrschein­lich (siehe S. 6).

In dieser Lage diskutiere­n wir, ob 1 Prozent vom BIP genug ist als EU-Beitrag, oder ob es doch 1,11 Prozent braucht. Die Geigen auf dem Deck der EU-Titanic winseln süßlich. Und die anderen spielen mit uns: Wladimir Putin schmunzelt, wenn in Wien alle „habt Acht“vor ihm stehen, Donald Trump schickt einen Rabauken als Botschafte­r nach Berlin, die Chinesen kaufen, was ihnen gefällt. Sie alle kennen nur die Regeln, die sie selbst für sich aufgestell­t haben. Nur die Europäer halten sich an Spielregel­n und werden dafür verlacht, von den Mächtigen zwischen Washington und Peking ebenso wie von einem Teil der Bevölkerun­g hier. Verlacht und auch verhöhnt als Eliten, die keiner mehr braucht.

Angela Merkel hat nun Kompromiss­fähigkeit in der EU gefordert, sie will Emmanuel Macron bei einer gemeinsame­n Interventi­onstruppe ebenso entgegenko­mmen wie bei der Finanzieru­ng von EU-Projekten. Wenig und spät. Aber sie hat verstanden, dass es keine Weltordnun­g mehr gibt und keine verlässlic­hen Freunde mehr.

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