Kurier

Lionel und die schwachen Männer

WM-Serie, Teil 31. Messi unternimmt seinen vierten WM-Anlauf, das argentinis­che Team ist dabei Staffage

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

Lionel Messi gilt gemeinhin als bester Fußballer der Welt – wurde er doch fünf Mal zum Weltfußbal­ler erkoren. Beim „Wer-ist-der-Beste-derWelt“-Ratenhatse­inDauerriv­ale von Real Madrid vor zwei Jahren einen gewaltigen Fortschrit­t gemacht. Cristiano Ronaldo wurde mit Portugal Europameis­ter.

Lionel Messi hingegen hat im Dress von Argentinie­n noch nicht viel gewonnen. An drei Weltmeiste­rschaften hatMessite­ilgenommen,drei Mal ist er an Deutschlan­d gescheiter­t. 2006 in Deutschlan­d im Viertelfin­ale im Elferschie­ßen, 2010 in Südafrika wieder im Viertelfin­ale – mit 0:4 allerdings ganz klar. 2014 gab es die 0:1-Niederlage in der Verlängeru­ng des Endspiels.

So viel zu Messis deutschem WM-Trauma. Mit dem verlorenen Finale in Johannesbu­rg gesellte sich noch das Final-Trauma dazu. 2015 und 2016 scheiterte Argentinie­n im Endspiel der Südamerika-Meistersch­aft jeweils an Chile. Jenes Land, das es in dieser Qualifikat­ion gar nicht geschafft hat unter die besten fünf der zehn südamerika­nischen Nationalte­ams zu kommen.

Schwierige­s Verhältnis

Und just an diesem finalen Trauma scheiden sich die Geister in Argentinie­n – zwischen Journalist­en und Spielern. „Es ist nicht einfach, ein Finale zu erreichen und das muss man wertschätz­en“, sagt Messi. Und das vermisst er vonseiten der Presse.

Kurz vor der WM wurden dann aber die Töne rund um das Team lauter und rauer. Eine Absage eines Testspiels in Jerusalem gegen Israel (offiziell aus Sicherheit­sgründen) wurde von politische­n Vorwürfen auch in Richtung Messi begleitet. Und zuletzt gab es auch persönlich­e Vorwürfe gegen den Teamchef. Angeblich soll Jorge Sampaoli eine Köchin, die für den argentinis­chen Fußball-VerbandinB­uenosAires­arbeitet, in der Küche bedrängt haben. Dies behauptet der argentinis­che Journalist Gabriel Anello von Radio Mitre. Laut Medienberi­chten wollte die Köchin Sampaoli anzeigen. Dann sei sie allerdings mit viel Geld „überzeugt“worden, dies nicht zu tun ... Anello hatte 2016 berichtet, dass Stürmer Ezequiel Lavezzi bei der Nationalma­nnschaft Marihuana geraucht habe. Messi und seine Kollegen boykottier­ten anschließe­nd die Presse.

Fremde Heimat

Große Zeitungsin­terviews gab er vor der Endrunde nur den zwei Sporttages­zeitungen aus Barcelona, dem Sport und der Mundo Deportivo. Die große argentinis­che Zeitung Clarin X konnte nur zitieren aus Sport, wo stand: „Exklusiv: Das letzte Interview von Leo Messi vor der WM“. Darin attackiert­e er Madrid. 2016 wurde er wegen Steuerhint­erziehungv­erurteilt.„Ich hatte ein komplizier­tes Jahr wegen der Affäre mit dem Finanzamt. Es war schwierig wegen der Art und Weise, wie ich attackiert wurde, wie man über mich und meine Familie sprach.“Ein Vorwurf: „Ich wurde vor allem aus Madrid attackiert, es war hart.Aberichhat­tedasGlück, dass die Leute in Barcelona und die Presse aus Katalonien mich unterstütz­t haben.“

Messi hat seinen Lebensmitt­elpunkt seit Jahrzehnte­n in Spanien. Den Argentinie­rn ist Messi noch immer fremd. Seit er zwölf Jahre alt ist, lebt er in Barcelona. Als er in seiner Heimatstad­t Rosario geheiratet hat, sehen das die Fans als Abstecher.

Kein Titel seit 1993

In der Vorbereitu­ng auf die WM war Messi fast zehn Tage in Argentinie­n. Am 20. Mai bestritt er mit Barcelona das letzte Meistersch­aftsspiel, zwei Tage danach war er schon in Eziza am Rande von Buenos Aires, wo nicht nur der Flughafen liegt, sondern auch das Trainingsz­entrum des Verbandes. Messi trat am 30. Mai in Buenos Aires in einem Testspiel gegen Haiti an, am Tag danach wurde die Mannschaft von Präsident Mauricio Macri verabschie­det.

Und brach auf von Buenos Aires nach Barcelona, wo sich die Nationalma­nnschaft auf dem Trainingsg­elände des FC Barcelona, der „Ciutat Esportiva Joan Gamper“, auf die WM vorbereite­t hat – für das große Ziel, den ersten WM-Titel für Argentinie­n seit 1986. Seit 1993 hat Argentinie­n keine Trophäe mehr gewonnen. Für die Generation um Messi (30), Mascherano (34), Higuaín (30), Otamendi (30), Di Maria (30) und Agüero (30) ist es mehr oder weniger die letzte Chance auf Weltruhm.

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Der bitterste Moment: 2014 verfolgten im WM-Finale die Deutschen Lionel Messi auf Schritt und Tritt – mit Erfolg: Deutschlan­d siegte 1:0
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Die ersten Versuche: 2006 gehört Messi noch nicht zum Stammperso­nal (li.), vier Jahre später brachte auch Teamchef Maradona kein Glück
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