Das Schicksal der taubblinden Helen Keller
Sie starb vor 50 Jahren
Helen Keller lebte in Dunkelheit und ewiger Stille. Sie war taub und blind und schaffte es dennoch, eine bedeutende Schriftstellerin zu werden. 1880 als gesundes Kind in den USA zur Welt gekommen, waren ihre Eltern stolz, als sie mit einem Jahr „water“sagen konnte, wenn sie trinken wollte. Die Tragödie begann, als Helen mit 19 Monaten infolge einer Gehirnhautentzündung ihre Seh- und die Hörkraft verlor. Da sie noch nicht sprechen konnte, war sie praktisch auch stumm.
Es folgten vier Jahre „in einem Tal der Einsamkeit“, wie Helen ihre Kindheit später beschrieb: „Ich bemerkte, dass meine Mutter sich mit anderen Menschen mit ihrem Mund verständigte. Ich konnte das nicht begreifen und war ganz verwirrt.“
Sprechen lernen
Die Eltern wandten sich an Alexander Graham Bell, den Erfinder des Telefons, der im Zivilberuf Lehrer an einer Taubstummenschule war. Bell schickte der Familie die 21-jährige Anne Sullivan ins Haus, die selbst blind zur Welt gekommen war, durch eine Operation jedoch ein wenig Sehkraft gewonnen hatte.
Anne versuchte, ihrem Schützling das Fingeralphabet beizubringen. Doch der Unterricht wurde zur Qual, denn während man Blinden die Bedeutung eines Wortes akustisch erklären kann, war dies bei Helen nicht möglich. Erst als die Lehrerin Helens Hand unter Wasser hielt und das Wort durch das Fingeralphabet zu erklären versuchte, erinnerte sich das Mädchen, dass es in der frühen Kindheit „water“gerufen hatte. Und Helen verstand jetzt, dass es für jeden Begriff ein Wort gibt.
Von da an ging alles ganz schnell. Ihre Intelligenz und ihre Ausdauer machten es möglich, dass Helen in kürzester Zeit Hunderte Wörter beherrschte und mit 12 Jahren in Blindenschrift ihre erste Erzählung „Frostkönig“schrieb.
Nun war klar, dass Helen über eine außergewöhnliche schriftstellerische Begabung verfügte. Sie besuchte das Gymnasium und promovierte 1904 zum Doktor der Philosophie. Anne saß auch im Hörsaal immer neben ihr, um mit dem Fingeralphabet jedes Wort der Professoren für Helen zu übersetzen.
Hunderte Vorträge
Helen war mittlerweile eine Berühmtheit, da eine Zeitschrift 1902 ihre „Geschichte meines Lebens“in Fortsetzungen veröffentlicht hatte. Die überaus charismatische Frau hielt Hunderte Vorträge, in denen sie sich – wie in ihren Büchern – für die Rechte Behinderter, für Frauen, für Schwarze und andere einsetzte, die benachteiligt waren.
Helen Keller engagierte sich für den Weltfrieden, traf die Präsidenten Eisenhower und Kennedy sowie Premier Winston Churchill und Bundeskanzler Konrad Adenauer.
Sie selbst empfand sich seit dem Tag, an dem ihre Lehrerin Anne Sullivan in ihr Leben getreten war, nicht als behindert. „Ich sehe“, erklärte Keller, „mit meiner Seele“.
Sie starb am 1. Juni 1968 im Alter von 88 Jahren.