Kurier

„Schonfrist verlängert“: Wien soll Welterbe-Status vorerst behalten

Vor UNESCO-Tagung sind die Weichen für die Entscheidu­ng des Komitees bereits gestellt.

- VON ANNA-MARIA BAUER

Das historisch­e Zentrum von Wien wird voraussich­tlich auf der Roten Liste der UNESCO bleiben. Das ist die Empfehlung in der sogenannte­n „Draft Decision“, jenem Ents ch eidungsent wurf, der im Vorfeld der jährlichen Tagung des UNESCO-Komitees aufgesetzt wird und der als Entscheidu­ngshilfe bei dieser Sitzung dient. Diese wird in wenigen Tagen, von 24 Juni bis 4. Juli, in Bahrain stattfinde­n.

Zur Erinnerung: Die Welterbest­ätte „Historisch­es Zentrum von Wien“wurde bei der Welterbe-Tagung 2017 auf die Rote Liste gesetzt. Auslöser war vordergrün­dig das Immobilien projekt am Heumarkt, das aufgrund seiner Kubatur und Größe (66 Meter hoher Wohnturm) die Welterbest­ätte maßgeblich negativ beeinf lussen würde.

Ursprüngli­ch wurde die Rote Liste geschaffen, um im Fall von Kriegen oder Naturkatas­trophen internatio­nale Hilfsmaßna­hmen einleiten zu können. In der jüngsten Vergangenh­eit wurde sie aber immer häufiger zur Warnung, weil Staaten durch bestimmte Handlungen das jeweilige Welterbe selbst gefährdete­n. Dies wurde Österreich vergangene­s Jahr vorgeworfe­n. Es folgt die Forderung, Maßnahmen zur Rettung Wiens zu ergreifen. Sonst würde der Status entzogen werden.

Drei-Stufen-Plan

Die im Herbst neu aufgestell­te türkis-blaue Regierung legte darauf hin ein Drei-Stufen-Modell vor. Im Frühjahr gab es einen Experten-Workshop, nun folgt eine „Heritage Impact Assessment“-Studie. Dafür finden aktuell Vorarbeite­n statt. Die Ergebnisse

der Studie sollen im Herbst vorliegen und als Grundlage für Schritt drei, die „Advisory Mission“(auf deutsch: Beratungsm­aßnahmen) dienen.

In der „Draft Decision“streicht die UNESCO das Engagement der Regierung hervor und würdigt auch die Fertigstel­lung einer Studie über historisch­e Dachkonstr­uktionen in der Inneren Stadt.

Genug sei das aber nicht, an den grundlegen­den Kritikpunk­ten habe sich nämlich nichts geändert. So gebe es weiterhin nicht ausreichen­d Instrument­e der Stadt, um das Welterbe zu schützen. Zudem sei das Projekt Heumarkt nach der Genehmigun­g durch den Wiener Gemeindera­t im Juni 2017 weiterhin auf Schiene. Und auch die ebenfalls kritisch beäugten Pläne für den Um- bzw. Aufbau des Wien Museums und des angrenzend­en Winterthur-Gebäudes am Karlsplatz seien nun von der Stadt Wien abgesegnet worden.

„Kein Aufatmen“

Deshalb warnt Gabriele Eschig, Generalsek­retärin von UNESCO Österreich, auch davor, ob dieser „Schonfrist“des UNESCO-Komitees nun aufzuatmen. „Die Maßnahmen der Bundesregi­erung hatten eine aufschiebe­nde Wirkung. Nun erwartet das Welterbe-Komitee aber auch eine ernsthafte Lösung. Wenn diese nicht präsentier­t wird, kann Wien im kommenden Jahr immer noch der Titel aberkannt werden.“Die Stätte sei ja weiterhin auf der Roten Liste. Und sei man einmal draußen, gebe es kein Zurück mehr. Denn, so Eschig: „Sobald die Aberkennun­g erfolgt ist, ist es vorbei. Man kann sich nicht noch einmal bewerben.“

„Die Vorschläge der Regierung haben Erwartunge­n ausgelöst. Die müssen nun aber auch erfüllt werden.“Gabriele Eschig Generalsek­retärin UNESCO Austria

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Ob seiner Größe und Kubatur würde das Heumarkt-Projekt das Weltkultur­erbe von Wien gefährden – so die Meinung der UNESCO

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