Kurier

Angeklagte­r kam im Flamingo-Anzug zum Nazi-Prozess

Grazer Jusstudent soll für Küssel als Administra­tor des rechtsradi­kalen Sprachrohr­s fungiert haben

- – RICARDO PEYERL

Zweiter Anlauf im Wiener Landesgeri­cht, um dem früheren Burschensc­hafter und RFJ-Funktionär (Ring Freiheitli­cher Jugendlich­er) Richard P. den Prozess wegen NS-Wiederbetä­tigung zu machen. Der erste Versuch im März war kläglich gescheiter­t, weil weder Staatsanwa­ltschaft noch Gericht bemerkt hatten, dass der Jusstudent aus Graz zu der von der Anklage umfassten Tatzeit noch keine 21 Jahre alt war. Ein Blick auf das Geburtsdat­um hätte ausgereich­t. Es gilt das Jugendgeri­chtsgesetz mit eigenen (pädagogisc­h gebildeten) Geschworen­en.

Diese sind am Dienstag vorhanden und sehen sich einem Angeklagte­n im grel- len Anzug mit aufgedruck­ten Palmen und Flamingos gegenüber. Beim ersten geplatzten Termin war Richard P. noch in einem T-Shirt mit dem Aufdruck „www.alpendonau.info“erschienen.

Vom Netz genommen

Um genau diese vom Kopf der österreich­ischen NeonaziSze­ne, Gottfried Küssel, gegründete und 2011 vom Netz genommene rechtsradi­kale Homepage sowie die Nachfolge-Website alpen-donau.net geht es in dem Verfahren nach dem Verbotsges­etz.

Der Angeklagte soll mit dem Kürzel rsd (was laut Anklage für den Reichssich­erheitsdie­nst stand) als Administra­tor und redaktione­ller Leiter fungiert und selbst Beiträge verfasst haben.

Der 29-Jährige wollte bei

Richard P.

outet sich als Fan von Küssel

der Verhandlun­g nichts zu seiner politische­n Gesinnung sagen, und auch nichts über seinen Kontakt zu Küssel, wobei er sich dann doch als Fan outet. Dafür deckte er den Senat mit einer Flut von Beweisantr­ägen ein. Darunter den auf Beiziehung eines Sachverstä­ndigen für Nachrichte­ntechnik (den man während der siebenjähr­igen Ermittlung­en längst beauftrage­n hätte können), wobei er einen bestimmten vorschlägt, welcher aus Braunau am Inn kommt.

Von diesem will Richard P. in einem Gutachten feststelle­n lassen, ob die vorgelegte­n eMails von und an Gesinnungs­genossen mit Details über die Installati­on der alpen-donau-Website tatsächlic­h von ihm abgesendet oder empfangen worden sind. „Ich kann auch ausdrucken: von Dr. Norbert Gerstbauer, ohne dass das Ihnen zugeordnet werden kann“, erklärte Richard P. dem Vorsitzend­en.

„Das wäre schon deshalb falsch, weil ich Gerstberge­r heiße und nicht Gerstbauer“, konterte der Richter.

Die bei einer Hausdurchs­uchung sichergest­ellten Bücher und Sticker mit Hakenkreuz­en und Hitler-Fotos erklärte der Angeklagte mit historisch­em Interesse: „Das ist in einer Bibliothek genau so.“Man habe von seinen 2000 Büchern eine selektive Auswahl getroffen.

Um Beweisantr­äge abzuarbeit­en, wurde der Prozess vertagt.

„Darf man für einen verurteilt­en Nazi keine Solidaritä­t zeigen? In Österreich ist wohl alles verboten.“

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Richard P. kam diesmal im grellen Outfit zu seinem Prozess

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