Fluchtilenge werden sich vorbeischummeln
Interview. Kleinschmidt für echte Afrika-Hilfe
Der deutsche Unternehmer und ehemalige UNHCR-Mitarbeiter Kilian Kleinschmidt warnt vor den nun gelüfteten Plänen für EU-Auffanglager.
KURIER: Offenbar planen die Europäer Sammellager für Flüchtlinge, etwa in Albanien. Denken Sie, ist das machbar? Kilian Kleinschmidt:
Wenn die Regierungen wirklich alle Flüchtlinge, nicht nur jene am Balkan, sondern auch jene aus Italien und Spanien abfangen und in solche Lager stecken wollen, wäre das zuerst einmal ein logistischer Wahnsinn. Allein heuer sind rund 30.000 Flüchtlinge gekommen. Und wenn wir gleichzeitig alle Abzuschiebenden auch hinbringen, wäre das ein Lager mit großen Mauern und hohen Zäunen. Das ist aus meiner Sicht undenkbar für Europa, da gehen wir wirklich achtzig Jahre zurück.
Wäre das rechtlich machbar?
Da gäbe es sicher Möglichkeiten, um das rechtlich zu verankern. Aber schon die „Hotspots“in Griechenland waren ja eine ähnliche Maßnahme, und wie sich zeigt, bleibt da nur Chaos übrig. Wenn wir jetzt ein großes Lager machen, werden einfach nur die Schlepper noch mehr Geld verlangen, um die Menschen über noch kompliziertere und noch gefährlichere Wege zu schmuggeln. Die Flüchtlinge werden sich an den Flüchtlingszentren vorbeischummeln, werden sich nach Europa durchschlagen und zum Schluss einfach da sein. Und dann wird es noch chaotischer.
Die Regierung verlangt vor allem, dass die Außengrenzen geschlossen und überwacht werden. Wie kann man die EUAußengrenzen dicht machen?
Das kann man natürlich gar nicht. Selbst wenn der EU-Grenzschutz von Frontex hochgefahren wird, mit mehr Geld und 10.000 neuen Mitarbeitern ausgestattet wird. Wir haben viele tausend Kilometer Grenze, das wird man schwerlich schaffen. Flüchtlinge finden ihre Wege.
Was braucht es dann?
Schnelle Lösungen gibt es nicht. Es braucht eine echte Zusammenarbeit mit den Afrikanern, auch Sonderentwicklungszonen für die Wirtschaft. Die Afrikanische Union hat einen durchaus vernünftigen Plan bis 2063 bereits vorgestellt, da sollten wir weiter ansetzen.