Kurier

Steuerverm­eidung, ganz legal

Immobilien­verkauf. Aufreger um steuerlich­e Vorteile für Konzerne im Faktenchec­k

- VON ANITA STAUDACHER – SIMONE HOEPKE

Werden Immobilien nicht direkt verkauft, sondern über verschacht­elte Firmenkons­truktionen, fällt auch künftig keine Grunderwer­bsteuer an. Dies sieht eine Klarstellu­ng im „Jahressteu­ergesetz 2018“vor, das am Mittwoch von Finanzmini­ster Hartwig Löger in den Ministerra­teingebrac­htwurde.Die rote Opposition kritisiert die Regelung als Steuerzuck­erl für Immo-Konzerne scharf, der Salzburger Finanzrech­tler Christoph Urtz spricht von einer „legalen Umgehungsk­onstruktio­n“und „problemati­schen Ungleichbe­handlung“. Der KURIER nahm die Causa näher unter die Lupe.

? Wann fällt überhaupt die Grunderwer­bsteuer an?

Wenn eine Immobilie bzw. Grundstück direkt verkauft wird, also etwa eine Wohnung den Eigentümer wechselt. Die Steuer beträgt 3,5 Prozent des Kaufpreise­s. Bei Grundstück­en gilt seit 2016 der Grundstück­swert für die Berechnung. Die Steuer beträgt je nach Höhe zwischen 0,5 und 3,5 Prozent. Unstrittig ist: Auch beim Verkauf einer Firma mit Immobilien­besitz fällt die Steuer (0,5 Prozent) an. Bisher unklar war, ob auch der Verkauf von Firmen, die ihren Immobilien­besitz in eine oder mehrere Tochterfir­men ausgelager­t haben, steuerpf lichtig ist. In diesen doppeloder mehrstöcki­gen Konstrukti­onen gehören die Immobilien ja nicht direkt der Mutter, sondern sind ihr nur mittelbar zuzuordnen.

? Wie wird die Klarstellu­ng begründet ?

Mit mehr Rechtssich­erheit und Vereinfach­ung des Vollzuges bei der indirekten Übertragun­g von Immobilien etwa bei Umstruktur­ierungen. „Es handelt sich um nichts anderes als eine Klarstellu­ng, die völlig der bisherigen Praxis entspricht“, heißt es aus dem Finanzmini­sterium. Laut Insidern drängten vor allem Anwälte und Notare auf die Klarstellu­ng. Die Notare, die die Steuer-Berechnung durchführe­n, sehen sich bei komplexen Firmen-Konstrukti­onen außerstand­e, den Immobilien­besitz in Töchter-Firmen zu ermitteln und so mögliche Steuerverm­eidungs-Konstrukti­onen zu eruieren. Häufig wechseln Anteile auch innerhalb des Konzerns.

Handelt es sich tatsächlic­h ? um ein Steuerzuck­erl für große Immo-Gesellscha­ften?

Ansichtssa­che.FürdenFina­nzrechts-Experten Christoph Urtz ermöglicht die Klarstellu­ng legale Umgehungsm­öglichkeit­en,dieImmo-Gesellscha­ften oder russische Oligarchen für Zinshauskä­ufe nutzen werden. „Wenn jemand fünf Millionen Euro für ein Zinshaus in Wien ausgeben will, würde ich ihm sagen, gründen Sie zwei Firmen, dann können Sie das Zinshaus später grunderwer­bssteuerfr­ei weiterverk­aufen.“TPA-Steuerexpe­rte Gottfried Maria Sulz hält die Klarstellu­ng hingegen für richtig. „Es werden ja keine Immobilien bewegt, sondern nurFirmena­nteile.“Weretwa einen Konzern wie die voestalpin­e kaufe, erwerbe zwangsläuf­ig auch Tochterfir­men mit diversen Immobilien bzw. Anteilen daran. Es wäre nicht fair, diese ein weiteres Mal zu besteuern. Christoph Urtz Finanzrech­ts-Experte

Wie relevant ? Steuerbefr­eiung Praxis? ist die in der

Sie ist vor allem für große Immobilien-Transaktio­nen relevant. Theoretisc­h könnte zwar jeder Private Firmen gründen, um sich danach bei Immobilien-Verkäufen die Grunderwer­bssteuer zu sparen, auszahlen würde sich dies laut Urtz aber erst bei höheauf ren Millionenb­eträgen. Weil nur wenige (Reiche) profitiere­n, sieht er „eine problemati­sche Ungleichbe­handlung“. Die Klarstellu­ng hätte auch anders ausfallen können.

? Entgehen der Finanz dadurch Einnahmen?

Theoretisc­h ja, praktisch nicht eruierbar, da der Vollzug wegen der Komplexitä­t bisher nur unter großem Aufwand möglich war. Dazu kommt, dass die Grunderwer­bssteuer primär eine Selbstmess­ungsabgabe ist, also von Steuerpfli­chtigen bzw. ihren Anwälten oder Notaren selbst berechnet werden muss. Hier müsse auf eine „einfache Vollziehba­rkeit“geachtet werden, heißt es im Finanzmini­sterium.

Wie hoch sind die Einnahmen ? aus der Grunderwer­bsteuer?

„Die Klarstellu­ng ist steuerscho­nend ausgefalle­n. Man hätte auch anders klarstelle­n können.“

Für das laufende Jahr werden 1,15 Milliarden Euro veranschla­gt. Von Jänner bis April lagen die Einnahmen um 40 Millionen Euro über jenen des Vorjahres. Die Preise für das recycelte Material knicken derzeit ein. „Im Vorjahr haben wir mehr als 100 Euro pro Tonne Altpapier bekommen, jetzt 60 Euro. Bei Kunststoff ist längst die Frage, ob man ihn überhaupt los wird.“Wie berichtet gingen zuletzt von 6,5 Millionen Tonnen Kunststoff­verpackung­en aus der EU 2,9 Millionen nach China. Doch jetzt bleibt die EU auf ihren schlechten Qualitäten sitzen, weil China diese auch nicht mehr abnimmt.

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Bei Immobilien-Verkauf über Holding-Konstrukti­onen fällt auch künftig keine Grunderwer­bsteuer an. Für die Finanz eine Klarstellu­ng einer bisher strittigen Rechtslage

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