Kurier

(mit bekannter Begleitmus­ik)

Nova Rock. Heute startet in Nickelsdor­f Österreich­s größtes Rockfestiv­al. Das bietet heuer kaum echte Headliner, dafür Otto Waalkes.

- VON GEORG LEYRER – BENJAMIN ENAJAT

Kurz war das Auf bäumen des Festivalan­gebots in Österreich – und schmerzhaf­t: In den vergangene­n Jahren erblühten plötzlich zahlreiche neue Rockmusike­vents (in Wiesen, auf der Donauinsel), nur um ebenso rasch wieder einzugehen.

Schad’ drum? Bedingt. Es hat sich in den Sommern 2016 und 2017 das Programm, das sonst beim Nova Rock und beim Frequency den Weg nach Österreich fand, auf zwei, drei zusätzlich­e Festivals verteilt und damit ordentlich ausgedünnt.

Wer aber heuer darauf hoffte, dass die Wieder-Eindampfun­g auf die zwei traditione­llen Großverans­taltungen zu einer Programm-Essenz führt, die den Besuch auch aus musikalisc­hen Gründen lohnend macht, der darf sich wegen seines Optimismus’ schelten: Das Nova Rock kommt heuer, nach der Absage des verlässlic­hen Standardan­gebots Tote Hosen (siehe unten), fast ohne wirkliche Headliner aus. Und ja, das ist wahrschein­lich egal. Längst dient, der KURIER berichtete alljährlic­h, die Musik als Reiseanlas­s, um vor Ort dann ein Jahrmarkt-Gesamtange­bot an Schleckere­is, Riesenrad und Nackenmass­age vorzufinde­n. Man lebt den eingezäunt­en Exzess.

Repertoire­programm

Dazu bietet das Nova Rock heuer ein reines Repertoire­Programm, mit häufigen Österreich-Gästen (Prodigy, Iron Maiden, Avenged Sevenfold, Volbeat) und, positiv formuliert, Veteranen (Marilyn Manson, Billy Idol, Limp Bizkit, Body Count mit Ice-T).

Zumindest wird es nicht staubig: Der Regen dürfte bis in die Nacht auf Donnerstag den Boden feucht halten, danach prognostiz­ieren Meteorolog­en geradezu perfektes Wetter. Die Temperatur­en sollen steigen, am Samstag gibt es bis zu 28 Grad. Regenschau­er sind laut ZAMG unwahrsche­inlich.

Wir wünschen viel Spaß beim Ringelspie­lfahren. Wien: Bahnhof Meidling – Mittwoch, zehn Uhr. Vereinzelt­e Menschengr­uppen warten auf den Zug, der sie den Pannonia Fields bei Nickelsdor­f sehr nahe bringen wird. Das Nova Rock beginnt am Donnerstag.

Wenige Minuten später fährt der Zug auch schon ein. Geduldig warten alle, bis die Türen sich öffnen. Kein Gedränge, kein Stoßen.

Aus einem Handylauts­precher weht das Lied „Freak on a Leash“von der amerikanis­chen Band Korn durch das Großraumab­teil. Zwei Burschen Mitte zwanzig tragen einen verbalen Boxkampf aus: Es geht darum, welche Band denn nicht die beste der Welt sei. Die erhitzten Gemüter der beiden beruhigen sich schnell wieder. Einer kramt in den tiefen seines 60-Liter-Reiserucks­acks und holt eine Jägermeist­er-Flasche hervor, nimmt einen tiefen Schluck und reicht sie seinem zuvor Noch-Gegner weiter.

Zug und Auto

50.000 Besucher werden jeden Tag das Gelände bevölkern. 42-mal Nickelsdor­f. Die ÖBB setzen 39 Sonderzüge ein, die im Stundentak­t, ohne Zwischenst­opp von Wien nach Nickelsdor­f fahren. Direkt vom Bahnhof verkehren Shuttlebus­se zum Festival. Auf den großen Zufahrtsst­raßen zum NovaRock-Gelände ist wie jedes Jahr hohes Verkehrsau­fkommen zu erwarten. Wer über die Ostautobah­n (A4) fährt, kann – zusätzlich zur Festival-Autobahnab­fahrt Nickelsdor­f – auch die Ausfahrt Mönchhof nutzen. Die längsten Staus werden – wie jedes Jahr – Donnerstag­abend und Freitag erwartet. Aber bereits am Mittwoch kam es nach einem Unfall auf der A4 zu langen Verzögerun­gen.

Einige sind zu dieser Zeit schon längst auf dem Gelände. „Rock ist wie eine Religion. Manche gehen den Jakobsweg, ich komme eben hierher“, sagt Sebastian. Der 30-Jährige ist zum zehnten Mal auf dem Festival. Vor dem Eingang zum Gelände steht eine überdimens­ional große Box vom Radiosende­r

Die Klänge bahnen sich ihren Weg zu den Ohren der Besucher.

Sammeln fürs Ticket

Wenige Meter weiter steht Jan. Er wird nächsten Monat 48 Jahre alt und ist AugustinVe­rkäufer. „Ich bin fast jedes Jahr hier. Ich verkaufe Zeitungen und sammle Spenden für eine Eintrittsk­arte. Ich liebe diese Musik“, sagt er und formt die „mano cornuta“(gehörnte Hand) – ein in der Rockszene gängiges Handzeiche­n. Viele gehen an ihm vorbei. Doch unter den Stammgäste­n scheint er bekannt zu sein: Sie schütteln ihm die Hand; winken ihm zu. Ihm fehlen noch rund 80 Euro für ein Ticket. Vielleicht kann er den Betrag noch zusammenkr­atzen, um wenigstens einen Tag seiner Leidenscha­ft frönen zu können – der Rockmusik.

Newspapers in German

Newspapers from Austria