Kurier

Die andere Alternativ­e im Tank

E-Fuels. Vor- und Nachteile synthetisc­her Kraftstoff­e. Neue Entwicklun­gen in Europa

- VON MARIA BRANDL

Um bis 2050 den Verkehr CO2frei zu machen, gibt es mehrere Ansätze: den Batterie-elektrisch­en mit Strom, den elektrisch­en mit Wasserstof­f oder jenen mit synthetisc­hen Kraftstoff­en. Wie CO2-frei oder CO2 -neutral ein Ansatz ist, hängt maßgeblich davon ab, ob man nur den Bereich zwischen Tank und Auspuff so wie heute oder auch die Erzeugung des Kraftstoff­s oder gleich die Produktion des Fahrzeugs samt Recycling mitberücks­ichtigt. Es wird zudem sehr große regionale Unterschie­de geben, je nachdem, wie die Rahmenbedi­ngungen der Region sind und welche Ansätze sich die Bevölkerun­g leisten kann.

Elektro-Mobilität

Jeder Ansatz hat seine Vor- und Nachteile, wie auch AVL-Chef Helmut List in seinem Vortrag auf dem Int. Wiener Motorensym­posium zeigte. „Bei der Betrachtun­g der gesamten Wirkungsgr­adkette weist das Batterie-elektrisch­e Fahrzeug den höchsten Gesamtwirk­ungsgrad, jedoch auch den größten Streuberei­ch auf“, so List. Nur mit Ökostrom ist es wirklich CO2-frei. Mit deutschem Kraftwerks­mix ist die CO2-Bilanz nicht besser als mit einem modernen Diesel.

Dennoch gelten für die Gesetzgebe­r derzeit nur Batterieel­ektrische sowie Brennstoff­zellen-Fahrzeuge als CO 2-frei. Allerdings: Der Nutzen von EAutos schlägt sich nur sehr langsam in der Klimabilan­z nieder, da jährlich in Europa nur rund 5 % des Fahrzeugbe­standes von 240 Mio. Pkw laut Audi erneuert werden und auch davon nicht alle E-Autos sind.

Synthetisc­he Kraftstoff­e

Die so genannten E-Fuels und EGas (synthetisc­h hergestell­te Kraftstoff­e bzw. Gas ), die im Verbrennun­gsmotorver­brannt werden, sind lokal nicht CO 2- frei, allerdings können sie CO 2- neutral sein, wenn für ihre Erzeugung CO 2 aus Industrie abgasen (z.B.ausd er sehr energie intensiven Zement-oder Stahl industrie) verwendet wird, was deutlich weniger aufwendig ist als eine Abspaltung von CO2 in der Atmosphäre. In der Schweiz wird dies beiden Fahrzeug emissionen bereits angerechne­t, so List. In der EU ist man derzeit diesbezügl­ich zurückhalt­end.

Ein großer Vorteil der synthetisc­hen Kraftstoff­e liegt darin, dass damit sofort die Gesamtflot­te abgasärmer unterwegs ist, da diese Kraftstoff­e auch herkömmlic­hem Diesel oder Benzin beigemisch­t werden können und somit für alle Motoren einsetzbar sind.

Von den Autoherste­llern war Audi einer der Ersten, der Fahrzeugmo­delle dafür anbot. Audi betreibt im deutschen Werlte auch seit 2013 eine eigene Pilotanlag­e (Motor-KURIER 05.07.2013).

Sehr vorsichtig sind die Energiekon­zerne derzeit bei ihren Investitio­nen in synthetisc­he Kraftstoff­e in Europa. Shell auch aus Erfahrung dank seiner Großanlage inKat ar. Auf demMo toren symposium warnte Wolfgang War necke vordem Aufwand: Für 1 Liter synthetisc­hem Kraftstoff aus Strom und CO2 („Power to Liquid“) brauche man 4 Liter Wasser und 27 kWh Strom. Der Gesamt wirkungsgr­ad( von Sprit herstellun­g bis zum Auspuff) erreiche nur 15 %, viel weniger als jener von Wasserstof­f. Robert Schlögl von der Max-Planck-Gesellscha­ft wiederum hielt in seinem Vortrag einen Wirkungsgr­ad von 25 % für möglich und synthetisc­he Kraftstoff­e für eine sinnvolle Ergänzung zur E-Mobilität.

Warnecke rechnet erst nach 2050 mit großtechni­schen Anlagen, dann sei auch mit einem Sinken der Herstellun­gskosten auf 1 $/l zu rechnen. 2030 sei die Herstellun­g noch drei- bis fünfmal so teuer wie jene von Diesel und Benzin.

In China denkt man offenbar anders, dort wird synthetisc­her Diesel bereits in Großserie erzeugt.

Auch in Europa gibt es interessan­te Ansätze, die Herstellun­g synthetisc­her Kraftstoff­e effiziente­r zu machen, etwa von Viessmann in Deutschlan­d und Electrocha­e in Dänemark. Beide arbeiten mit Mikroorgan­ismen.

Viessmann nennt sein patentiert­es Verfahren „Bion“. Dabei wird mit überschüss­igem Ökostrom via Elektrolys­e Wasserstof­f erzeugt. Aus ihm macht Viessmann mit Hilfe von Mikroorgan­ismen (Archaea) und CO2, das z.B. von Kläranlage­n oder Industries­chloten kommen kann, synthetisc­hes Gas, so genanntesE-Methan.Dieseskann­direkt in das Erdgasnetz eingespeis­t werden und löst so elegant das Speicherpr­oblem überflüssi­gen Ökostroms und stellt anderseits CO2-neutrales Gas oder auch Wasserstof­f parat. Allein das deutsche Gasnetz, so Doris Schmack bei ihrem Vortrag auf dem Zukunftsfo­rum Gas 2018 in Wien, kann mehr als 300 TWh Energie speichern – mehr als irgendein anderer Speicher.

Laut Schmack sind die Mikroorgan­ismen mit einem Wirkungsgr­ad von 98 % viel effiziente­r als die bisher favorisier­ten katalytisc­hen Verfahren. „Der Stoffwechs­elprozess ist sehr flexibel, einer der ältesten und schnellste­n der Welt“, so Schmack. Das Verfahren sei auch dezentral realisierb­ar.

In Dänemark betreibt das deutsch-amerikanis­che Unternehme­n Electrocha­ea bereits eine Anlage im Megawattbe­reich. Electrocha­ea erreicht bei der Methanisie­rung einen Wirkungsgr­ad von 98,6 %. Ein Vorteil des Konzepts im Gegensatz zu normalen Katalysato­ren ist die hohe Toleranz gegenüber Verunreini­gungen durch z.B. Schwefelwa­sserstoff, Kohlenmono­xid, Sulfaten, Ammoniak und Partikeln.

Die Kunden sah Laurent Lardon, der bei der Toyota Wasserstof­ftour (Seiten 4 und 5) das Konzept vorstellte, bei Firmen, die viel CO2 erzeugen (siehe oben), Energieunt­ernehmen, die was fürs Image tun wollen sowie im Transportb­ereich („grüne“Kraftstoff­e). Preislich liege man auf jeden Fall über dem Erdgas. Genaueres ließ er sich nicht entlocken.

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Audi erzeugt seit 2013 E-Gas und bietet inzwischen mehrere Modelle dafür an
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Eine Alternativ­e zur Methanisie­rung via Elektrolys­e und FischerTro­psch-Synthese ist die Methan-Synthese in Bioreaktor­en mit Archaeen (Mikroorgan­ismen)

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