CSU schert gegen Merkel aus
Innenminister Seehofer droht, Asylwerber gegen Willen der Kanzlerin zurückzuweisen
Im Asylstreit zwischen CSU und CDU hat der Showdown begonnen– oder das„ Endspiel um die Glaubwürdigkeit “, wie es Bayerns Ministerpräsident Markus S öder( CSU) nennt. Einige CSU-Vertreter sollen am Donnerstag garden Fortbestand der seit 1949 mit einer kurzen Unterbrechung bestehenden Fr aktionsgemeinschaft mit der CDU im deutschen Bundestag infrage gestellt haben. Laut CSU-Landesgruppen chef Alexander Dobrindt ist die Lage „ernst, sehr ernst“.
Doch von Anfang an: In einer Krisen sitzung Mittwoch abend hatten die Spitzen der Union neuerlich ergebnislos über die Forderung der CSU diskutiert, bereits in anderen Ländern registrierte Asylwerber an deutschen Grenzen zurückzuweisen – etwa nach Österreich. Mit diesem Plan, den sie für mehrheitsfähig hält, will die Schwesterpartei der CDU den Verlust der absoluten Mehrheit beiden bayerischen Landtagswahlen im Oktober abwenden.
Merkelhä lt nichts von Alleingängen, besteht au feine gesamteuropäische Lösung des Flüchtlingsproblems, rang sich aber zu einem Kompromiss angebot durch. Demnach könnten bilaterale Verträge mit den am meisten von der Krise betroffenen Ländern geschlossen werden, wie es sie etwa zwischen Frankreich und Italien bereits gibt. Darüber hinaus könnten Flüchtlinge, die einen negativendeutschen Asyl bescheid haben, bei einem erneuten Einreiseversuch abgewiesenwerden. BeideVorschläge lehnt die CDU ab.
Kompromiss angebot
Gestern Mittag traten die Abgeordneten beider Parteien getrennt voneinander zu Sondersitzungen zusammen, was nur selten vorkommt. Die laufende Bundestagssitzungmusste dafür mehrere Stundenlang unterbrochen werden.
Es folgt der erste Paukenschlag: Innenminister Seehofer erklärt, seinen Plan notfalls „im Alleingang“umzusetzen und setzt Merkele in Ultimatum: Schon am Montag wolle er das Okay für einenent sprechenden Minister entscheid im CSU-Vorstand einholen. Ein solcher Entscheid würde ihm ein Handeln ohne Zustimmung Merkels oder des Kabinetts ermöglichen, könnte aber laut Beobachtern zu einer Entlassung durch Merkel führen.
Der zweite Paukenschlag: Laut
Augsburger Allgemeine drohen einige CSU-Vertreter mit der Auf kündigung der Fr aktionsgemeinschaft mit der CDU :„ Zum Bruch fehlt nicht mehr viel“, wird ein namentlich nicht genannter CSU-Politiker zitiert. Dem widerspricht der CSUAbgeordnete Friedrich gegenüber der Bild-Zeitung. Inder Sitzung habe niemand gefordert, die Fr aktionsgemeinschaft auf zu kündigen.
Auch von einer von der CSU erzwungenen Kampfabstimmung in-
nerhalb der Unionsfraktion über SeehofersPlanschonheute, Freitag, ist immer wieder die Rede – diese wird aber später abgesagt.
Aus der CDU-Sitzung verlautet, dass es rege Diskussionen gegeben habe, Merkel bei mehr als 50 Wortmeldungen aber breite Unterstützung erhalten habe – wie schon zuvor im CDU- Präsidium.
Die Bild- Zeitung hatte zuvor berichtet, dass nach ihren Recherchen lediglich drei der 246 CDUund CSU-Abgeordneten auf Merkels Seite stünden.
Die CDU-Abgeordneten wollen ihrer Vorsitzenden laut der Nachrichtenagentur dpa noch Zeit geben, die Krise auf ihre Art zu lösen: Durch Verhandlungen. Demnach will Merkel bis zum EU-Gipfel am 28. und 29. Juni tief greifende Fortschritte für eine gemeinsame Asylregelung in der EU erreichen.
„Theaterstück“
Kritik an den Streitigkeiten kam von der FDP, der rechtspopulistischen AfDundderLinken. DerenFraktionschefinSahraWagenknecht( siehe auch
unten) forderte Merkel auf, die Koalition zu beenden und der „Bevölkerung eine Fortsetzung dieses Trauerspiels“zu ersparen.
Und was sagt die SPD zum großen Krach beim Koalitionspartner? Die Parteivorsitzende Andrea Nahles sprach sich strikt gegen eine Abweisung von Migranten an der Grenze aus und forderte ein Ende des Streits: „Theaterstücke im Dienste von Landtagswahlen sind hier nicht angemessen.“
Der Parteichef von SchleswigHolstein, Ralf Stegner (SPD), wies darauf hin, dass die CSU „nicht die Regierung“führeundderKoalitionspartner „anders als in Österreich nicht die rechtspopulistische FPÖ“sei, sondern die Sozialdemokratie. „Wir machen eine proeuropäische Politikundorientierenunsandersals die wahlkämpfende CSU nicht an denHerrenOrbán, KurzundSalvini.“