Kurier

Die Stabilität geht überall verloren ...

... und dünn ist die Decke der Zivilisati­on. Das ist eine gefährlich­e Mischung. Weltweit, aber auch bei uns...

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER eMail an: helmut.brandstaet­ter@kurier.at auf Twitter folgen: @HBrandstae­tter

Fassungslo­s blicken wir nach Berlin. Der öffentlich­e Schaukampf zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer ist nicht einmal unterhalts­am, wie das die Streiterei­en zwischen deren Ahnen Helmut Kohl (CDU) und Franz Josef Strauß (CSU) sein konnte. Kanzlerin und Innenminis­ter haben sich ineinander so verbissen, dass beide bereits verletzt sind und dieses Duell kaum überleben können. Kohl und Strauß haben stets innegehalt­en, wenn es um das eigene Überleben ging. Jetzt stehen nicht nur persönlich­e Schicksale auf dem Spiel, jetzt gefährden zwei in die Jahre gekommene Politiker die Stabilität in Europa. Das Thema Flüchtling­e ist nur eines von vielen, wo Führung gefragt ist, wo Entscheidu­ngen für die Zukunft fallen müssen. Die Institutio­nen der EU warten dringend auf Erneuerung – und die Berliner Regierung zerfetzt sich.

Russlands Putin meinte kürzlich im ORF-Interview, er wolle Europa nicht spalten. Braucht er auch nicht. Das besorgen die Europäer schon selbst. Deutschlan­d, der bisherige Hort der demokratis­chen Stabilität, vergisst seine Verantwort­ung, gleichzeit­ig wollen sich rechtsextr­eme Parteien in Europa vertrauens­voll unter Putins starke Hand begeben.

Dass Donald Trump die demokratis­che Stabilität gefährdet, das ist leider nicht neu. Die für den Freihandel zuständige WTO, die UNO oder auch die für die Sicherheit in Europa noch immer wichtige NATO sind ihm höchstens ein paar herablasse­nde Twitter-Meldungen wert. Die Beförderun­g des nordkorean­ischen Diktators Kim Jong-un auf die Weltbühne kann nach der SuperShow auch zu einer Gefährdung der Stabilität in Ostasien führen. Chinas kommunisti­sche Führung wird das militärisc­he Vakuum gerne füllen, die Japaner haben schon Angst. Auch dort geht die Nachkriegs­ordnung zu Ende, auch dort wird etwas zerstört, wofür noch niemand einen Ersatz hat. In Asien wird künftig die Stabilität von einer Diktatur garantiert werden, von der in Beijing. Sie nennt sich kommunisti­sch und definiert die Brutalität, die der Kapitalism­us auslösen kann, neu.

Klare Worte des Bundeskanz­lers – jetzt, bitte!

Die Decke der Zivilisati­on ist dünn, sehr dünn. Das wissen wir aus historisch­er Erfahrung, das erleben wir heute zwischen menschlich­en Grausamkei­ten und digital verbreitet­em Hass.

Da waren die klaren Worte von Bundeskanz­ler Kurz eben in Israel wohltuend. Die Sicherheit Israels geht uns etwas an, wir haben Verantwort­ung. Aber das „Nie wieder“muss mehr sein als die ständige Erinnerung an die Unmenschli­chkeit, die zum Völkermord geführt hat. Das „Nie wieder“muss auch im politische­n Alltag gelebt werden. Wenn der oberösterr­eichische Landesrat Podgorsche­k einer politische­n Gruppe unterstell­t, sie wolle die Köpfe der anderen Politiker unter die Guillotine legen, dann sind politische Führung, Stabilität und Anstand gefragt. Dafür gibt es einen Regierungs­chef, der darf hier nicht schweigen. Politik ist mehr als schöne Bilder.

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