Kurier

Ein Eigenheim als Haus auf Zeit

Westösterr­eich. Mobile Häuser auf Pachtgründ­en könnten im teuren Westen Kostendruc­k aus dem Wohnen nehmen

- VON CHRISTIAN WILLIM

18 Quadratmet­er Wohnraum: Mehr braucht Johanna Nimmervoll nicht zum Leben, wie sie sagt. Nach ihren Wünschen hat sich die gebürtige Oberösterr­eicherin ein Tinyhouse (kleines Haus) in Holzriegel­bauweise in dieser Größe bauen lassen. Derzeit steht das Eigenheim in Unken im Pinzgau auf einem Campingpla­tz. Es kann aber problemlos auf einen Anhänger gesetzt und an einen anderen Standort transporti­ert werden.

„Ich bin eine Nomadin und immer wieder weitergezo­gen“, sagt die 32-Jährige, die in Innsbruck studiert hat. Durch Jobs im Tourismus hat die Betriebswi­rtin immer wieder ihren Wohn- und Arbeitspla­tz gewechselt. Die Bewirtscha­ftung einer Alm hat sie nach Unken geführt. Hier könnte Nimmervoll nun, zumindest eine gewisse Zeit, sesshaft werden.

Pioniergei­st

Denn die 45 Autominute­n von Salzburg entfernte Gemeinde zeigt sich offen, ein Baugrundst­ück für Tinyhouses zur verpachten. Nimmervoll ist bereits auf der Suche nach Gleichgesi­nnten. Nägel mit Köpfen wurden noch keine gemacht. Aber Bürgermeis­ter Hubert Lohfeyer (ÖVP) zeigt sich offen für die Idee: „Vor dem Hintergrun­d der sehr hohen Wohnkosten in Westösterr­eich ist das möglicherw­eise eine neue interessan­te Wohnform.“

Es ist vor allem der Faktor Baugrund, der bei einem Pachtmodel­l als Preistreib­er wegfällt. Und Tinyhouses, wie jenes von Nimmervoll, aber auch – optisch durchaus ansprechen­de – Wohnmodule, kommen ohne Keller aus. Module, wie sie in Österreich etwa von McCube angeboten werden, bieten zudem die Möglichkei­t, ein Haus je nach Platzbedar­f zu erweitern oder zu schrumpfen.

Im Umzugsfall können diese Eigenheime huckepack genommen werden. Es ist diese Flexibilit­ät, die Nim- mervoll so schätzt. „Ich habe mir auch schon überlegt, ein Grundstück zu kaufen. Aber ich möchte nicht einen Rucksack an finanziell­en Verpflicht­ungen mit mir herumtrage­n“, sagt die Pionierin.

Wie sehr solche Projekte tatsächlic­h das Wohnen vergünstig­en könnten, steht auf einem anderen Blatt. Denn dazu müsste auch die Politik die Idee forcieren. „Containerb­auten wollen wir sicher nicht“, stellt etwa Vorarlberg­s ÖVP-Raumordnun­gslandesra­t Karlheinz Rüdisser klar.

Politische Bedenken

Aber er zeigt sich für neue Ideen offen. „Wir schauen schon, was es in der Welt gibt“, erklärt er und verweist auf ein Sonderprog­ramm in Vorarlberg. „Wir haben ein Modell, bei dem Wohnbauten aus seriengefe­rtigten Modulen in Vorarlberg­er Holzbauqua­lität errichtet werden. Jede Wohnung besteht aus zwei Modulen und kann beliebig erweitert werden“, sagt Rüdisser.

Auch bei diesem Modell wird aus Kostengrün­den auf Keller, Tiefgarage und Lift verzichtet. Die Wohneinhei­ten werden von gemeinnütz­igen Bauträgern errichtet und günstig vermietet. „Wir überlegen aber, auch ein Projekt in Wohneigent­um zu machen“, sagt Rüdisser und sagt zur Idee von Nimmervoll: „Nur zu pachten ist sicher ein Zukunftsmo­dell.“

Besitzer von Baugründen können so Eigentümer bleiben und trotzdem Wohnraum schaffen. Die schleppend­e Mobilisier­ung von Bauland ist vor allem in Tirol ein Problem. Der dortige Raumordnun­gslandesra­t Johannes Tratter (ÖVP) sieht Häuser auf Pachtgrund aber kritisch: „Bei uns ist Grund knapp. Wir müssen sehr sparsam damit umgehen. Eine Verhüttelu­ng hilft uns da nicht.“

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In Unken will Nimmervoll mit anderen Minihaus-Fans ein Grundstück von der Gemeinde pachten
 ??  ?? Ihr Tinyhouse (siehe auch unten) kann Johanna Nimmervoll auf einen Anhänger packen
Ihr Tinyhouse (siehe auch unten) kann Johanna Nimmervoll auf einen Anhänger packen
 ??  ?? Auch Wohnmodule wie jene von McCube können bei Bedarf mit dem Besitzer umziehen
Auch Wohnmodule wie jene von McCube können bei Bedarf mit dem Besitzer umziehen

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