Sie rockt den Saftladen
Virginia Ernst („Rockin’“) im „Red Apple“übers Durchbeißen, Frauenrechte und ihren Inselfest-Auftritt
Es klingt fast surreal: 2012 brachte sich die damals 21jährige Virginia Ernst selbst Gitarre spielen bei, zwei Jahre später war sie die meistgespielte österreichische Künstlerin im Land. Darauf folgte eine Amadeus-Nominierung und kommende Woche wird sie zum zweiten Mal auf der Hauptbühne des Donauinselfests stehen.
„Es ist schon irre“, sagt sie, als sie den KURIER einige Tage vor dem Auftritt trifft, und schüttelt den Kopf. „Die eigenen Lieder vor so vielen Menschen performen zu dürfen, ist unglaublich.“Noch dazu, da sie dieses Fest schon als Teenagerin gerne besucht hat. „Heimgekommen bin ich immer mit super gatschigen Schuhen – und oft erst um 6 Uhr früh.“Sie lacht bei der Erinnerung, nimmt einen Schluck Kaffee – der Beste Wiens, wenn es nach ihr geht.
Ein Stück Griechenland
Virginia Ernst hat sich im „Red Apple“eingefunden, einer Saft- und Crêpes-Bar, die vergangenen Herbst in Ottakring eröffnet hat. Gastronomieerfahrung haben die Lokalchefs Tanja und Vai- os Vassilakopoulos zwar reichlich, gesammelt haben sie diese allerdings nicht in Österreich, sondern in Griechenland. Vor fünf Jahren sind die beiden aufgrund der wirtschaftlichen Situation von Athen nach Wien gezogen – und eröffneten im Erdgeschoß ihres Wohnhauses neuerlich ein Lokal. In der Poss ing er gasse, einer Gegend, in der hippe Restaurants rar sind, richteten sie ein stylishes Café ein, mit Ziegelsteinen aus Thessaloniki und Sofabezügen aus alten Kakaosä- cken.Hi erbieten sie frischge presste Säfte und süße wiesalzigeFä ch erpalat schinken an. Das gesunde Angebot richtet sich vor allem an Schüler der nahe gelegenen Modeschule.
So hat Virginia Ernst das Lokal auch kennengelernt. Denn ihre Frau,Do rot hea, besucht diese Schule. Die beiden haben sich vergangenen August das Jawort gegeben. Sich verpartnert, wie es offiziell heißt. Ab 2019 werden auch in Österreich gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen (siehe auch Seite 15). Richtig super, findet Virginia Ernst das. Gleichberechtigung und Frauenrechte sind der Künstlerin generell ein großes Anliegen. Deshalb arbeitet sie auch jetzt schon an einem Konzert für den 8. März 2019, den Internationalen Frauentag.
Für Frauenpower
Unter dem Hashtag#weare (Wir sind, Anm.) möchte sie ein jährliches Konzertevent ins Leben rufen, das einmal so groß sein soll wiederLifeB all. „Ja, ich stecke mir hohe Ziele“, sagte sie und lacht. „Aber ich geb’ nie auf, bis ich sie erreicht habe. Und wenn ich dafür Blut schwitze.“
Härte und Ausdauer hat sie im Leistungssport gelernt. Denn der Gesang ist ihre zweite Karriere. Davor war sie Eishockey-Spielerin. 2008holtesiemitderDamenNationalmannschaft den WM-Titel. Danach ging sie als Profispielerin nach Schweden. „Ich habe sechs Tage die Woche trainiert, am Wochenende waren Matches. Ich war eine Maschine.“
In Schweden hat sie begonnen, ihren Herzschmerz in Liedern festzuhalten. Ein Singer-Songwriter-Workshop in London gab ihr dann die Bestätigung, dieser Leidenschaft nachzugehen. Und so kehrte sie nach Österreich zurück und tat genau das. „Es ist ja mein Kindheitstraum. Als meineOmamichmitdreiJahren gefragt hat, was ich werden möchte, hab ich wie aus der Pistole geschossen ,Sängerin‘ geantwortet. Sie meinte nur, das sei ja kein Beruf.“
Mittlerweile hat Virginia Ernst sie eines anderen belehrt. Und der nächste große Schritt folgt im Oktober. Sie wird einige Monate nach Los Angeles gehen und mit Produzent Alan Parsons (der mit Größen wie Pink Floyd oder den Beatles gearbeitet hat) an einer neuen Single arbeiten. Auch ihre Ziele als Sängerin sind übrigens keine niedrigen: „Ich würde gerne einmal in der US-Talkshow von Ellen DeGeneres sitzen. Oder mit dem Briten James Cordon im Carpool-Karaoke-Auto singen.“