Ja, ich bin bereit
Vor 30 Jahren habe ich es selbst erlebt, gestern war es wieder neu lebendig.
Bei der Priesterweihe haben sich fünf Männer definitiv zum Dienst an Gott und den Menschen rufen lassen. Entsprechend war der Stephansdom mit freudiger Erwartung der Familien und Freunde aus Chile, Polen, Kroatien und natürlich auch aus Wien erfüllt. Meine Aufgabe als Zeremonienmeister ließ mich nahe am Geschehen sein. „Diener eurer Freude“zu sein, ist ein unverzichtbarer Anteil meiner priesterlichen Berufung geblieben.
Alle Kandidaten haben vor ihrem Theologiestudium Berufserfahrungen in ganz anderen Bereichen gemacht. Jetzt folgen sie dem Ruf Jesu und sprechen ihr „Ja“. Rein theologisch sind die Handauflegung und das Weihegebet des Bischofs die wesentlichen Elemente des Weiheritus. Noch eindrücklicher ist jedoch die sogenannte Prostratio: Die Kandidaten liegen minutenlang am Boden vor dem Altar, während die Anwesenden ihren zukünftigen Dienst der großen und mächtigen Gemeinschaft der Heiligen anvertrauen. Dieses Mit-dem-Gesicht-zu-Bodenausgestreckt-Sein ist ein Erleben, das einen nie mehr loslässt. Und gerade in diesem Hingeworfensein auf die Gemeinschaft der Kirche vertrauen zu dürfen und zu wissen, wie sehr wir gebraucht werden, ist eine Erfahrung, die ich jedem Neupriester inniglich wünsche. Der Gehorsam, den sie dem Bischof versprechen, ist ein gemeinsames Hinhören auf den Willen Gottes; die Ehelosigkeit soll sie frei halten für die vielfältigen Dienste an den Menschen; und besonders die Armen und Schwachen sollen einen Platz in ihrem Wirken bekommen. Wie willkommen werden sie in ihren Gemeinden sein, wie willkommen sind Priester in dieser unseren Welt, die scheinbar keinen Platz für Gott hat!
Als Mensch die Welt verwandeln
Mein priesterlicher Alltag lässt mich diese menschliche Sehnsucht nach Gott erleben. Wenn wir Priester selber Menschen bleiben, können wir andere in die große und weite Welt Gottes hineinführen und gemeinsam so manches entdecken, was uns hilft, die wesentlichen Fragen und Probleme des Menschseins besser zu verstehen und zu ertragen. Am meisten beschenkt werden wir Priester im Dienst an den Menschen und durch die Erfahrung, wie Gott jeden Einzelnen mit seinen persönlichen Talenten priesterlich wirken lässt. Die höchste Aufgabe der Wandlung von Brot und Wein zu Leib und Blut Christi ist umgedeutet allen Christen aufgetragen: durch unser Handeln die Welt immer mehr in einen Ort zu verwandeln, wo die Menschen untereinander und mit Gott in Frieden, Gerechtigkeit und Liebe wohnen.
Der Autor ist Dompfarrer zu St. Stephan