Gruppenseminar mit Tschechow im Titel
Kritik. Eh lieb: „CHEKHOV Fast & Furious“als Abschlussabend eines partizipativen Superamas-Projekts.
Mitunter scheinen Produktionen nur deswegen entstanden zu sein, weil es Förderprogramme der EU gibt – für postdramatische Gruppenerfahrungsseminare mit Völkerverständigungs-Impetus. Das französisch-österreichische Kollektiv Superamas lud also in Amiens und Maubeuge (im Norden von Frankreich) sowie Reykjavik und Wien Menschen um die 20 ein, sich mit „Onkel Wanja“auseinanderzusetzen.
Zunächst gab es „Workshop-Auditions“zu den Fragen: „Was bedeutet Erfolg im Leben? Was ist Glück? Was ist Traurigkeit? Welche Dinge bereust Du? Was ist Liebe?“In der Folge versuchten die vier von Superamas zusammengestellten Teams, ihre Ansätze und Selbstreflexionen für die Bühne aufzubereiten. Das Ergebnis des langen Prozesses, der den Twens sicher viel gebracht hat, präsentierte Superamas am Freitag unter dem Titel „CHEKHOV Fast & Furious“als Uraufführung im Rahmen der Wiener Festwochen (noch heute um 20.30 Uhr in der Halle G).
Der Abend begann selbstironisch mit dem Danach, dem Publikumsgespräch: Die Initiatoren antworteten charmant auf fiktive Fragen und bekannten ein, dass der Titel bloß ein Werbegag sei. Anton Tschechow zieht eben. DerUntertitel,deraufeinerasante Actionfilm-Reihe anspielt, habe aber schon seine Berechtigung. Denn der Dramatiker sei einst als „fast and furious“angesehen worden.
NachzehnMinutenöffnete sich der Vorhang. Man sah viele Einspielungen vom Making-of und zwei von „Onkel Wanja“inspirierte Dialogszenen, in denen Analogien zum Heute und zum maroden Theaterbetrieb gezogen wurden. Die Menschen tanzten zu Disco-Hits, die zur Gefühlslage passten. Und zwischendurch wurden die fertigen Beiträge der Gruppen präsentiert; die Wutbürger aus Maubeuge zum Beispiel rappten. Raffiniert spiegelten die Wiener Teilnehmer aufderBühnedieprojizierten Sequenzendahinter.DerRest ist zähe Addition. Den Eltern im Saal hat es großen Spaß gemacht. Aber nur ihnen. KURIER-Wertung: