Kurier

Vergessen

- MEDIENKOLU­MNE philipp.wilhelmer@kurier.at

Wissen Sie noch, was am Freitag zwischen 12.00 Uhr und 12.30 Uhr passiert ist? Ich hatte es, ehrlich gesagt, um 12.45 Uhr schon wieder vergessen, bis mich gegen 13.00 Uhr ein hilfsberei­ter Kollege darauf aufmerksam machte, dass ich eigentlich noch ein Thema für diese Kolumne hier suche. Um 13.45 Uhr nahm mir der Branchendi­enst meines Vertrauens den Rest an Denkarbeit ab. „Von wegen ,Seehofer kündigt Unionsbünd­nis auf‘: Titanic legt Bild, Focus & Co mit TwitterStr­eich rein“, lautete die Schlagzeil­e eines Newsletter­s. Stimmt. Da war ja was. Blob. Funk. Törö. Hihi.

Wie sagt man das möglichst elegant: Journalist­en sind auch nur Newsjunkie­s, die, wie wir alle, am Tropf der globalen Like- und Erregungsi­ndustrie hängen. Hin und wieder macht sich das jemand raffiniert zunutze und legt alle rein. Am Freitag war der Bösewicht ein Titanic-Redakteur, dessen Twitter-Profil auf den ersten (und vielleicht den zweiten) Blick wie der des Hessischen Rundfunks aussah. Dort stand zu Mittag die Schocknach­richt, dass sich die CSU (Seehofer) von der CDU (Merkel) abwende. Fast alle hatten dies binnen Sekunden auf ihren Websites. Aber: Binnen einer Viertelstu­nde hatte auch der letzte User mit Einwahlmod­em kapiert, dass das ein Fake war.

Eigentlich dauert der Spaß auch nur eine halbe Stunde, was irgendwie zeigte, dass die Redaktione­n mittlerwei­le profession­ell damit umgehen, wenn sie gelegt werden. Insofern sei auch dieser Fake der Titanic vergeben und – vergessen.

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