„Facebook hintergeht die
Der Geschäftsführer des Linzer Ars Electronica Centers fordert Regeln und Transparenz zum Schutz der Nutzer von sozialen Medien.
Gerfried Stocker.
Gerfried Stocker ist Geschäftsführer des Ars Electronica Centers, das am Montag die Gewinner des Prix Ars Electronica 2018 bekannt gegeben hat. Der 54-jährige MedienkünstleristeinKritikerderneuen sozialen Medien.
KURIER: Sie stehen sozialen Medien sehr kritisch gegenüber. Sie meinen, man sollte sich aus Datenschutzgründen zum Beispiel von Facebook abmelden. Gerfried Stocker: Nicht so sehr aus Datenschutzgründen. Sondern aus legitimem Protest dagegen, dass eine kommerziell orientierte Firma in einer durchaus perfiden Weise unsere Privatsphäre verletzt, unsere Daten sammelt und sie ohne unser Wissen und unsere Zustimmung auswertet. Der springende Punkt ist, ob man die Betroffenen informiert, mitreden lässt und fair behandelt oder ob man das nicht macht. Facebook ist das Paradebeispiel dafür, wie man die Nutzer hintergeht, die Daten quasi aus der Hosentasche f ladert, verkauft und verwertet.
Und damit Milliardengewinne einfährt.
Die Milliardengewinne kann man ihr nicht vorwerfen. Aber die Verwertung der Daten wird hinter unserem Rücken gemacht oder in einer vorge- spielten Transparenz, die nicht wirklich lebbar ist. Indem man 50 Seiten Nutzungsbedingungen lesen muss. Und wenn man Programmcodes nicht lesen kann, kann man die Cookiesnichtverstehen.Dasist so, wie wenn man ein studierter Chemiker sein müsste, damit man im Supermarkt einkaufen kann, weil die Verpackungen voll mit Formeln sind, die nur ein Chemiker entschlüsseln kann. Das ist der absolut unfaire Umgang mit uns als Nutzern und Bürgern.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat sich bei seinen Auftritten im US-Kongress und im Europäischen Parlament mehrfach entschuldigt. Hat es dadurch tatsächlich eine Änderung gegeben?
Nicht wirklich. Sie arbeiten nach dem Prinzip, es ist leichter sich zu entkann schuldigen als um Erlaubnis zu fragen. Es sind nun im Zusammenhang mit der neuen Datenschutzgrundverordnung in Europa schon Maßnahmen getroffen worden, aber sie sind zum Großteil scheinheilig und verschleiert.Was hilft es, wenn eine dieser Firmen ein Mail schickt, in dem sie betont, transparent zu sein und verantwortlich mit den Daten umzugehen, und dann bekommt man seitenweise extrem komplizierte Beschreibungen, die ein normal Sterblicher nicht verstehen kann. Ich habe das beispielsweise bei Twitter einmal dokumentiert. Wenn man nicht zustimmt, man das Programm nicht mehr nutzen. Nach dem Motto friss oder stirb. Und man muss Programmiersprachelesenkönnen, damitmanweiß,wasdaist. Was da gemacht wird, ist eigentlich eine richtige Verarschung.
Wen betrifft das? Facebook, Twitter...
WhatsApp, Instagram, aber auch viele kleine. Google hat auf den Android-Telefonen die Standortverfolgung. Da wird genau aufgezeichnet, wann man wohin gefahren ist. Das findet man am Handy auch. Es gibt zwar die Möglichkeit, das zu löschen, aber immer nur Tag für Tag. Das ist in der DatenwirtschaftleiderzumStandard geworden.
Haben Sie in Ihrer persönlichen Nutzung bereits Konsequenzen gezogen?
Ich habe nie einen Facebookoder WhatsApp-Account angemeldet. Ich benutzeSMSundEmail.Aber bei Google-Maps bin ich dabei.
Trotz dieses Missbrauchs hält sich die Anzahl der Abmeldungen in Grenzen. Welche Alternativen hat der Einzelne?
Das ist das Problem. Man kann nicht mehr länger hergehen und sagen, man überlässt das dem Einzelnen. Dass ich es mir leisten kann auf Facebook und WhatsApp zu verzichten, liegt auch daran, dass ich viele Möglichkeiten kenne, mich im Internet zu bewegen. Mir ist es viel lieber, mir meine Informationen aktiv zu suchen. Bei Twitter agiere ich so, dass ich möglichst unter dem Radar bleibe. Ich bin kein Follower, ich poste nichts, ich verwende es nur, um mir Informationen zu besorgen.
Wir müssen zu einem Weg kommen, wo die Nutzung dieser Services unter fairen Bedingungen erfolgt. Wenn wir in einen Supermarkt gehen und nicht sicher sein können,
„Was die sozialen Medien machen, ist eigentlich eine richtige Verarschung.“