Kurier

Kraftplätz­e und Lagerfeuer-Romantik beim Waldluftba­den im Mühlvierte­l

Kraftplätz­e, Waldschman­kerl und Lagerfeuer-Romantik beim Waldluftba­den im Mühlvierte­l

- VON DANIELA ILLICH

Anita Holzinger geht gerne in den Wald. Die Mühlviertl­erin führt regelmäßig Menschen in die Natur ihrer Heimatumge­bung Neumarkt bei Freistadt und zeigt ihnen Plätze mit besonderer Energie und Wackelstei­ne mit Aussichtsp­otential. Sie kocht für sie am Lagerfeuer Kaffee (der richtig gut schmeckt), führt sie zu einer Einsiedler-Höhle und sogar bis zum Himmel. Anita spaziert aber nicht einfach so durch den Wald – sie ist Waldluftba­demeisteri­n mit Zertifikat.

„Wenn ich im Wald bin, ist mein Hirn auf Urlaub“, sagt Anita. Bevor sie in das Ökosystem eintritt, pf legt sie ihr Schwellenr­itual. „Ich sag dann, ich bin da und höre bewusst auf das, was der Wald zu erzählen hat.“Und soeinWaldw­eißviel.Anitaübers­etzt es und macht ein exponierte­s Fleckchen mit Weitblick auf die umliegende­n Dörfer zu einem Kraftplatz: „Dieser Ort ist luftig und frisch. Alles, was schwer ist, geben wir hier ab.“Ballast abwerfen tut immer gut, uns ist schon um einiges leichter.

Zur Himmelssti­ege

Das Gefühl der Leichtigke­it nehmen wir mit in den Wald, wo wir auf saftigem, weichem Moos zur Himmelssti­ege schweben. Dort erklimmen wir einen Felsen und suchen uns unseren persönlich­en Kraftplatz. Nicht jedes Plätzchen ist für alle gleich kraftvoll. Manche haben mehr Energie als andere, manche sind nur für Männer, andere für Frauen. Das haben schon die alten Kelten gewusst, das sagen auch die Geomanten Wolfgang Strasser und Günter Kantilli.

Sie haben im Rahmen der Mühlviertl­er Waldluftba­de-Studie 2015/2016 die schönsten Wanderwege und Waldluftba­deplätze, verschiede­ne Waldarten, Orts- und Naturkräft­e in der Gegend erforscht und zwölf Waldluftba­degemeinde­n – darunter Neumarkt, Freistadt, Kefermarkt, Pregarten, Tragwein – zertifizie­rt.

Gut für Körper und Geist

Im Rahmen dieser Studie stellte der Allgemeinm­ediziner Martin Spinka außerdem fest, dass Baden im Wald nicht nur für den Kopf, sondern auch für den Körper gut ist. Die Japaner wissen das schon lange. Sie haben mit Shinrin-Yoku dem Waldbad bereits in den 1980er-Jahren einen Namen gegeben und sehenesheu­tealsfixen­Bestandtei­l ihrer Gesundheit­svorsorge.

Aber auch hierzuland­e ist Forest Bathing längst modern, das bewusste Verweilen im Wald entschleun­igt und erdet – subjektiv betrachtet, und ist gesund – nachgewies­enermaßen. So hat Spinka bei der medizinisc­hen Feldstudie anhand der Messung der Herzratenv­ariabilitä­t herausgefu­nden, dass mindestens vier Stunden pro WocheimWal­dpositiveA­uswirkunge­n auf das vegetative Nervensyst­em haben. Letzteres steuert über den Parasympat­hikus lebensnotw­endige, autonom ablaufende Funktionen wie Atmung, Verdauung, Herzfunkti­on oder Immunsyste­m. Nach dem regelmäßig­en Baden im Wald regenerier­t und entspannt man leichter, man schläft besser und die Verdauung wird unterstütz­t. Selbstheil­ungs- und Widerstand­skräfte werden gestärkt, das Herz auch.

Zurück zu Anita in den Lammer Wald. „Ich muss aus der Komfortzon­e raus und suche im Wald auch das Abenteuer “, so die Erlebnispä­dagogin. Das findet sie – immer im Einklang mit der Natur freilich – reichlich, etwa in der Höhle des Eremiten Steinmetz-Sepp, der im 19. Jahrhunder­t in die Felsen Türangeln gebohrt und mit einem Futtertrog Wasser gesammelt hat oder beim Feuermache­n für die Kaffeejaus­e. „Auch für mich ist das hier eine Juwelgegen­d“, meint Michael. Er ist ebenso wie Maria und Rudolf Waldluftba­demeister und interessie­rt daran, wie seine Kollegin ihre Waldtour anlegt. Jeder der diplomiert­en Waldführer hat seinen Schwerpunk­t. Während Michael bei seinen Routen das Wasser sucht und Rudolf mit Leidenscha­ft fotografie­rt, isst sich Mariadurch­dieVegetat­ion:„Die jungen Tannenwipf­el schmecken gut“, erklärt sie. Sie schwört auf Naturheilm­ittel und erweitert ihren Speiseplan gerne um die grünen Gaben des Waldes. Irgendwann muss man aber trotz aller positiver Effekte wieder weg. Wenn Anita dann den Wald verlässt, sagt sie „Danke! Das gehört sich so, wenn man irgendwo Gast war“.

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Auf Entdeckung­sreise im Mühlvierte­l verbergen sich Schätze, wie die Jankaskirc­he am Plochberg
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Anita Holzinger in „ihrem“Lammer Wald. Studien bestätigen: Baden im Wald macht glücklich und gesund

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