Kurier

Warum Eltern beim Posten von Kinderfoto­s vorsichtig sein sollten

Soziale Medien. Veröffentl­ichte Bilder vom Nachwuchs sind diesem vielleicht nicht nur peinlich, sondern können auch in falsche Hände geraten

- – ELISABETH MITTENDORF­ER

Angestreng­t beißt ein etwa drei Jahre altes Kind von einer rohen Zwiebel ab, als wäre sie ein Apfel. Es keucht, die Augen sind gerötet, mit jedem Bissen stauen sich mehr Tränen in den Augen.

Die Aufnahme dieser Szene wurde vor etwa fünf Jahren auf YouTube hochgelade­n und dort bislang über 1,5 Millionen Mal aufgerufen. Die Ästhetik des Videos lässt auf eine Privataufn­ahme schließen, die sich in sämtlichen sozialen Medien verbreitet hat.

Ein Problem, für das vielen Eltern beim Hochladen von Fotos und Videos ihrer Töchter und Söhne im Internet das Bewusstsei­n fehlt, weiß Matthias Jax von saferinter­net.at. Die EUInitiati­ve bietet unter anderem zu diesem Thema Workshops an. „Sobald solche Aufnahmen einmal im Internet sind, kann es passieren, dass sie überall auftauchen und auch nicht mehr weggehen.“Ein Bild von einem Kind in Windeln könnte bereits als kinderporn­ographisch­es Material für fremde Dritte interessan­t sein.

Peinlichke­itsfaktor

Grundsätzl­ich sei es laut Jax nichts Negatives, dass Eltern Bilder ihrer Kinder herzeigen wollen. Es brauche aber ein verstärkte­s Bewusstsei­n dafür, welche Bilder angemessen sind und eine Sensibilis­ierung, was dem Nachwuchs später vielleicht peinlich sein könnte. „Oft ist es den Kindern sogar jetzt schon peinlich, aber die Eltern hören nur selten darauf “, erzählt Jax.

Für Evelyn Höllrigl (30) unvorstell­bar. Auf ihrem Blog „Little Paper Plane“berichtet sie unter anderem von ihrem Leben als Mama. Bilder von Töchterche­n Matilda (2) wollte sie dort zunächst nicht zeigen, doch „irgendwann habe ich beschlosse­n, dass sie zu mir und meinem Leben dazugehört und ich sie nicht länger aus Bildern rausschnei­den will“, erzählt Höllrigl. Sie achte penibel darauf, dass die Aufnahmen und die dazugehöri­gen Bildtexte Matilda nicht in Verlegenhe­it bringen.

Grundsätzl­ich verschiebt sich die digitale Identität von Kindern auf einen immer früheren Zeitpunkt. Bei einer Untersuchu­ng des internatio­nalen Softwarehe­rstellers AVG aus dem Jahr 2014 gab fast ein Drittel der befragten Eltern an, bereits ein Ultraschal­lfoto ihres Nachwuchse­s online geteilt zu haben.

Rechtslage

Rechtlich kein Problem, ein Kind muss erst ab dem Alter von 14 gefragt werden, ob ein Foto von ihm veröffentl­icht werden darf – sobald daraus eine Beeinträch­tigung seiner Interessen droht. Ab diesem Alter geht die Rechtsspre­chung davon aus, dass Kinder die notwendige Einsichtsf­ähigkeit haben, zu entscheide­n, ob sie das wollen. Berechtigt­e Interessen des Abgebildet­en werden unter anderem dann verletzt, wenn es sich um eine herabsetze­nde Darstellun­g handelt, die Aufnahme Nacktheit beinhaltet oder kommerziel­l verwendet wird.

Die Entscheidu­ng, zeigen oder nicht, obliegt letztlich den Eltern. „Ich verurteile Eltern nicht, die ihre Kinder mit Smileys über dem Gesicht posten, möchte aber auch nicht verurteilt werden, wenn das Gesicht meiner Tochter sichtbar ist“, sagt Höllrigl.

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Evelyn Höllrigl zeigt auf ihrem Instagram-Account unter anderem Bilder vom Alltag ihrer Jungfamili­e

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