Kurier

Druck auf Merkel wächst

Flüchtling­sstreit wird für Kanzlerin zur Schicksals­frage

- VON KONRAD KRAMAR

Der wort gewaltigeS­igm ar Gabriel brachte die politische Stimmung samstags auf den Punkt. „Deutschlan­d droht irre zu werden an der Flüchtling­skrise“resümierte der Ex-SPDChef die dramatisch­e Entwicklun­g der vergangene­n Tage.

Und die macht sich nun auch in der öffentlich­en Meinung bemerkbar. Bundeskanz­lerin Angela Merkel verliert in jüngsten Umfragen für die deutsche Bild zunehmend das Vertrauen der Bürger in der Flüchtling­sfrage. 57 Prozent der Befragten halten ihre Position inzwischen für falsch. Unter den Wählern von CDU/CSU setzt man bereits mehr auf den Herausford­erer der Kanzlerin, CSU-Innenminis­ter Horst Seehofer. Während Merkelsich­n ach Berichten von Partei-Insidern derzeit gar nicht in Berlin aufhält, sollen sich mögliche Nachfolger bereits in Stellung bringen. Allen voran CDU-Generalsek­retärin Annegr et Kramp- Karren bauer.

Tatsächlic­h zeichnet sich in der Krise zwischen CDU und CSU weiter keine Entspannun­g ab, seit Seehofer zu Wochenbegi­nn offen den Bruch mit der Regierungs­linie in der Flüchtling­sfrage verkündet hatte.

Der Bayer will Migranten, die aus anderen EU-Ländern, also auch aus Österreich, nach Deutschlan­d kommen, schon an der Grenze abweisen lassen. Rückendeck­ung holte sich Seehofer dabei von Österreich­s Bundeskanz­ler Kurz. Österreich übernimmt ja in wenigen Wochen den EU-Ratsvorsit­z, und will dabei den verstärkte­n Schutz der EU-Außengrenz­en in den Mittelpunk­t stellen.

Showdown am Montag

Für Bundeskanz­lerin Angela Merkel sind Seehofers Pläne inakzeptab­el. Sie beharrt weiter auf einer europäisch­en Lösung. Das Thema Migration sei „eine Herausford­erung, die auch eine europäisch­e Antwort braucht“, be- kräftige die Kanzlerin am Samstag erneut. Zentrales Anliegen ist dabei vor allem die koordinier­te Verteilung von Flüchtling­en auf die EU-Staaten, um so die am stärksten betroffene­n Länder wie Italien oder Griechenla­nd zu entlasten. Ein Konzept, das seit Jahren vor allem am Widerstand der EU-Staaten in Ostmittele­uropa scheitert, und das Österreich daher für seine Ratspräsid­entschaft einmal ad acta gelegt hat.

Seehofer denkt daher nicht daran einzulenke­n. Er hat der CDU ein Ultimatum bis Montag gestellt. Lenkt Merkel bis dahin nicht ein, will der Innenminis­ter im Alleingang seine Forderung durchsetze­n. Das hieße auch den – bereits offen angedrohte­n – Bruch der Union zwischen CDU und CSU und damit vermutlich das Aus für Angela Merkel als Bundeskanz­lerin. Am Montag treten die Spitzengre­mien beider Parteien zusammen, dann wird eine Entscheidu­ng erwartet.

Vor allem in der CDU werden nun die Warnungen vor einer weiteren Eskalation lauter. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Bundespart­ei, Volker Bouffier, war am Samstag nur einer von vielen prominente­n CDU-Vertretern, die endlich einen Kompromiss einfordert­en:„Glaubt irgendjema­nd, dass das Zertrümmer­n der Einheit von CDU und CSU irgendet- was besser macht. Ich glaube nicht.“Falls dieses Zertrümmer­n aber tatsächlic­h passieren sollte,stehenbere­itsanderea­nderpoliti­schen Outlinie bereit. Die FDP, die ja im Herbst kurz vor einem Eintritt in eine Regierungs­koalition mit Merkel stand, meldete sich bereits: Man sei bereit im Fall eines politische­n Erdbebens Verantwort­ung zu übernehmen.

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Noch kein Kompromiss in Sicht: Harte Fronten zwischen Kanzlerin Merkel und Innenminis­ter Seehofer

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