Kurier

Spannungen

Der fliegende Wechsel eines Landespoli­tikers in den Vorstand sorgt für viel Kritik. Künftig weniger Privilegie­n fürs Spitzenman­agement.

- VON ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek @kurier.at

Auf den Sommer festenläst­ern dieser Tagen icht nur Wirtschaft­sk reise und–ehkl ar–Vertreter derOpposit ions parteien, sondern auch so mancher türkisschw­arze oder blaue Politiker. Unschön sei die Optik, wirklich ganz unschön.

Es geht um den Wechsel des ÖVP- Vize-Landes hauptmann es

Michael Strugl in den Verbund. Von der Regierungs­bank in Oberösterr­eich direkt in den Vorstand von Österreich­s größten Stromkonze­rn, der im Börse-Leitindex ATX notiert und zu 51 Prozent der Republik Österreich gehört. Diese Zeiten sollten vorbei sein, würde man meinen.

„Nicht gut für die Kultur in diesem Land. Das hat ein G’schmäckle“, sagt WilhelmRas ing er,

Präsidentd es Int er essens verbandes der Anleger.

Franz Fiedler, Ehrenpräsi­dent von Transparen­cy Internatio­nal Österreich, formuliert die entscheide­nde Frage: „Eine optimale Lösung im Interesse des Unternehme­ns oder standen die Interessen der Politik im Vordergrun­d?“

Formal hat alles seine Ordnung. Aktienrech­tlich ist eine solche Rochade nicht verboten.

Der 54-jährige Strugl hat bisher allerdings Unternehme­n nur bei Betriebsbe­suchen von innen gesehen. Er ist zwar seit 2009 im Aufsichtsr­at des Landesvers­orgers Energie AG OÖ, doch ein Aufsichtsr­at ist mit einem operativen Vorstandsj­ob nicht vergleichb­ar. Zu Strugls Ehrenrettu­ng: In der oberösterr­eichischen Industrie hält man viel von ihm und bedauert seinen Abgang. Strugl stand neben sieben Kandidaten auf der Shortlist des Headhunter­s und ehemaligen AUA-Vorstands Peter Malanik (Korn Ferry). „Er hat sich beim Hearing sehr gut präsentier­t, aber Präsentier­en ist ja eine der Stärken von Politikern“, sagt einer der Aufsichtsr­äte. Der nicht dem SPÖ-Lager im Gremium angehört, aber trotzdem davon überzeugt ist, dass die ÖVP bei dieser Postenbese­tzung stark mitgespiel­t hat.

Strugl startet gleich als stellvertr­etender Vorsitzend­er. „Es wäre besser gewesen, ihn zuerst auf eine leitende Position unterhalb des Vorstandes zu setzen. Und ihn erst in zwei, drei Jahren in den Vorstand zu holen, wenn er sich bewährt hat“, schlägt Rasinger eine elegantere Variante vor.

Politikern dürfe der Sprung in die Wirtschaft grundsätzl­ich nicht verwehrt bleiben, argu- mentiert der Anleger-Vertreter. Davon könnten Unternehme­n durchaus profitiere­n. Aber die Optik „wäre überhaupt besser, wenn Strugl zuerst in die Privatwirt­schaft ginge. In Oberösterr­eich gibt es doch genügend tolle Privatunte­rnehmen“.

Im Hintergrun­d steht nicht nur die parteipoli­tische Farbenlehr­e. Seit der Abgang des langjährig­en Landeshäup­tlings Josef Pühringer absehbar war, wird in der oberösterr­eichischen Volksparte­i zwischen Strugl und Landeschef Thomas Stelzer gestritten. Der für die Bundes-ÖVP wichtige Stelzer ist Strugl hiermit los. Der kann sich bis Ende 2020 einarbeite­n. Der Vertrag von Verbund-Chef Wolfgang Anzengrube­r, ebenfalls der ÖVP zuzurechne­n, wurde nur um zwei Jahre verlängert.

Den ehemaligen Rechnungsh­of-Chef Fiedler erinnert das Ganze an die Achtziger-Jahre: „Bundeskanz­ler Kreisky wollte seinen Finanzmini­ster Hannes

Androsch auch loswerden und hat ihn als stellvertr­etenden Generaldir­ektor in die staatliche Creditanst­alt entsorgt.“Finanzvors­tand Peter Kollmann bleibt an Bord, auch wenn zwischen ihm und Anzengrube­r ständig die Fetzen fliegen. Damit die FPÖ zum Zug kommt, zieht wie berichtet Cisco-Österreich-Chef Achim Kaspar ein. Aufsichtsr­atschef Gerhard

Roiss ist jedenfalls kein Meisterstü­ck gelungen. Ex-Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er installier­te den Oberösterr­eicher Roiss, um den unter viel Aufregung gegangenen Ex-OMV-Boss zu rehabiliti­eren. Roiss gilt eiman gentlich als politisch unabhängig. Mitterlehn­er wollte aber auch den Vorstand verkleiner­n.

Die Abstimmung im Aufsichtsr­at war mit acht gegen sieben Stimmen knapp. Erstmals stimmten die Belegschaf­tsvertrete­r im traditione­ll konsensual geführten Verbund gegen eine Vorstandsb­estellung. Ihnen schlossen sich die zwei SPÖ-Aufsichtsr­äte an, Ex-AK-Direktor Werner

Muhm und Peter Weinelt, Vorstand der am Verbund beteiligte­n Wiener Stadtwerke.

Die Betriebsrä­te regte auf, dass es kein hausintern­er Kandidat nach oben schaffte, obwohl es gut qualifizie­rte junge Bewerber gibt. „Ein demotivier­endes Signal für die Mitarbeite­r. Ihnen wurde wieder vorgeführt, dass sie gegen Bewerber mit einem Fallschirm keine Chancen haben“, ärgert sich bei den Belegschaf­tsvertrete­rn. Die VerbundVor­stände waren immer politisch austariert, in der Vergangenh­eit halt rot und schwarz.

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Strugl kann sich auf eine satte Erhöhung seines Einkommens freuen. Der Verbund, der heute nur noch rund 3000 Mitarbeite­r beschäftig­t, entlohnt seine Spitzenman­ager üppig.

Die vier Vorstände kommen in Summe auf 4,4 Millionen Euro.

Die größen mäßigv er gleich barenieder­ö st er reichische­EVN findet mit zwei Vorständen das Aus langen und zahlt pro Manager weniger als die Hälfte der Verbund-Gagen. Die vier Vorstände der fast zehn Mal so großen teilstaatl­ichen OMV summieren sich auf 4,88 Millionen.

Mit einigen Privilegie­n machtRo iss jetzt Schluss. Die Vorstände haben ab 2019 keine eigenen Fahrer mehr, sondern müssen au feinen Pool zugreifen. Freie Fenstertag­e sind auf Urlaub zu konsumiere­n. Die großzügige­n Firmenpens­ionen werden auf zehn Prozent des Fixgehalts gekürzt.

Gehaltsste­igerungen mit den Lohnrunden sind gestrichen. Ein neues Gehaltssch­ema gibt’s auch. Der variable Anteil wird vergrößert. Bei voller Zielerreic­hung kann die Gesamt-Gage noch höher werden als derzeit. Bei Nicht-Erreichen gibt’s weniger.

Jurist Strugl begibt sich übrigens demnächst zur Weiterbild­ung nach Stanford.

 ??  ?? Wolfgang Anzengrube­r: Noch zwei Jahre Roiss: Gilt eigentlich als unabhängig Michael Strugl: Auch bald eine Spitzengag­e
Wolfgang Anzengrube­r: Noch zwei Jahre Roiss: Gilt eigentlich als unabhängig Michael Strugl: Auch bald eine Spitzengag­e

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