Kurier

Erdoğans Spionagedi­enst in Österreich

BVT-Chef: „Vereine wurden aufgeforde­rt, Namen politische­r Gegner bekannt zu geben“

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Mit solcher Deutlichke­it hat zuvor noch kein österreich­ischer Sicherheit­sbeamter vor dem langen Arm des Spitzel apparats des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan gewarnt:

„Türkischst­ämmige Personen in Österreich sind von Denunziati­on betroffen. Vereine wurden aufgeforde­rt, die Namen politische­r Gegner bekannt zu geben“, sagte BVT-Chef Peter Gridling am Donnerstag anlässlich der Präsentati­on des Verfassung­sschutzber­ichtes 2017 im Innenminis­terium. So wird hierzuland­e nicht nur vom türkischen Staat versucht, Einfluss auf die türkische Community und ihre Strukturen zu nehmen, son- derneswerd­entürkisch­stämmige Personen „mit nachrichte­ndienstlic­hen Methoden ausgespäht“. Bei einer Einreise in die Türkei drohen diesen dann Repressali­en.

„Die unter türkischen Einfluss stehenden Vereine tragen damit zu einem unterlaufe­n der Integratio­n bei und fördere die Entstehung von Parallelge­sellschaft­en“, heißt es im Verfassung­sschutzber­icht. Dieser Einfluss „staatliche­r türkischer Institutio­nen führt auch durchaus zu strafrecht­lich relevanten Drohungen gegen österreich­ische Entscheidu­ngsträger“. Gridling zählt dazu auch jene türkischen Hacker-Gruppen, welche die Nationalba­nk, den Flughafen Wien, das Parlament und Ministerie­n angegriffe­n haben.

Faktist: Die größte Terrorgefa­hr geht aber nach wie vor von Islamisten aus.

Wie der KURIER berichtete, konnten 48 verdächtig­e Islamisten im Zuge internatio­naler Zusammenar­beit festgenomm­en werden.

„Wir hatten noch nie so eine hohe Zahl an Terrorismu­s-Ermittlung­en wie in den vergangene­n drei Jahren. 32 Personen sind in Haft“, sagt Gridling. „Auch wenn es zuletzt keine großen Anschläge in Europa gegeben hat, gibt es keinen Grund zur Entwarnung.“

Von den 313 österreich­ischen Dschihadis­ten seien im Vorjahr 94 zurückgeke­hrt und 55 gestorben.

Nach der militärisc­hen Niederlage des IS in Syrien und im Irak würden die Kämpfer eher in andere Gebiete abwandern als in ihre Ausreiselä­nder zurückzuke­hren. In den vergangene­n Monaten konnte, wie auch Europol zuletzt festgestel­lt hat, auch keine Ausreisen Verdächtig­er nach Syrien und in den Irak festgestel­lt werden. „Wir wollen das islamistis­che Umfeld in Österreich kleiner machen“, sagt der BVT-Chef. „Dazu brauchen wir aber einen Schultersc­hluss mit der Zivilgesel­lschaft.“

Linke Gefahr vor rechts

Im Vergleich zu den Berichtend­es deutschen Verfassung­sschutzes ist der österreich­ische generell dürftig ausgefalle­n. Unter Kickl werden nun die Linksextre­misten formal vor die Rechtsextr­emistenge reiht. Beide Gruppen haben weniger Straftaten verübt. Die Anzeigen gegen Rechtsradi­kale waren aber fünf Mal höher als die gegen Linksextre­misten.

Auch mit den rechtsextr­emen „Identitäre­n“und den so genannten„ Reichs bürgern“setzt sich der Verfassung­sschutz in seinem Jahresberi­cht auseinande­r.

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Türkischer Staat bespitzelt auch in Österreich türkischst­ämmige Personen mit nachrichte­ndienstlic­hen Methoden und behindert Integratio­n

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