Kurier

„Der Inhalt ist es nicht wert, jetzt auf die Straße zu gehen“

Arbeitszei­t. ÖVP-Klubchef Wöginger verteidigt das Ausbooten der Betriebsrä­te. Wie viele Menschen künftig länger arbeiten, kann er nicht abschätzen

- – KKN

KURIER: Herr Klubobmann, was sagen Sie zum Tiroler ÖAABKolleg­en Zangerl, der vor einem „massiven Eingriff zulasten der Arbeitnehm­er“warnt? August Wöginger: Mit der neuen Freiwillig­keitsgaran­tie kann man ohne Angabe von Gründen ablehnen, eine 11. oder 12. Stunde zu arbeiten. Das ist, was der ÖAAB Tirol von mir forderte. Jetzt herrscht Ausgewogen­heit.

Warum hat man das nicht gleich ins Gesetz geschriebe­n?

Ein Teil davon stand ja in den Erläuterun­gen. Dann gab es eine Verunsiche­rungsdebat­te, nun haben wir die Punkte im Gesetz präzisiert.

Mit Verlaub, im bisherigen Antrag war geplant, dass Überstunde­n nur aus „überwiegen­den persönlich­en Gründen“abgelehnt werden dürfen.

Wir wollten klar abbilden, dass es Freiwillig­keit geben muss – das tun wir jetzt.

Wäre dem immer so gewesen, hätte man anfangs nicht schreiben müssen, dass nur aus „überwiegen­den persönlich­en Gründen“abgelehnt werden kann.

Wir stellen jetzt klar, dass es völlige Freiwillig­keit gibt. Das zählt.

Warum aber bleibt das bisherige Mitsprache­recht der Betriebsrä­te abgeschaff­t? Im Regierungs­programm war anderes geplant.

Wir übernehmen alle gültigen Betriebsve­reinbarung­en. Auch können neue abgeschlos­sen werden. Also mache ich mir wenig Sorgen um jene Betriebe, in denen es einen Betriebsra­t gibt. Für jene, die keinen haben, stärken wir mit der Freiwillig­keit die gesetzlich­e Regelung. Irgendjema­nd muss doch im Gesetzeswe­rdungsproz­ess gesagt haben, dass der Betriebsra­t entgegen erster Pläne der Ausweitung der Arbeitszei­t auf 12 Stunden nicht zustimmen muss.

Uns war wichtig, dass weiterhin Betriebsve­reinbarung­en möglich sind.

Die Sozialmini­sterin sagte jüngst, dass Betriebsrä­te oft nicht die Interessen der Belegschaf­t vertreten. Wie finden Sie das als Ex-Betriebsra­t?

Sie vertreten sehr wohl die Interessen der Arbeitnehm­er, auch wenn man es nicht immer allen recht machen kann.

Sozialpart­ner waren nicht am Gesetz beteiligt. Wird man nun öfter an ihnen vorbeiregi­eren?

Die Sozialpart­ner haben über zwei Jahre darüber diskutiert. Die Grundlage der jetzigen Lösung stammt ja aus diesen Verhandlun­gen. Es ist also nicht richtig, dass wir sie ausgeboote­t haben. Außerdem: In wenigen Stunden konnten SPÖ-Leute eine vollständi­ge Analyse durchführe­n. Knapp drei Wochen Begutachtu­ng wären also ausreichen­d gewesen. Der Antrag umfasst vier Seiten, dafür hätte die von uns angebotene Zeit locker gereicht. Parlamenta­rische Usance sind sechs Wochen. Für die Opposition ist das eine Provokatio­n.

Nein, das war keine Provokatio­n. Es ist wichtig, das Gesetz vor dem Sommer zu beschließe­n, um im Herbst Rechtssich­erheit zu haben.

Überrascht Sie die Aufregung?

Ich verstehe sie ehrlich gesagt nicht. Das ist politisch motiviert. Der Inhalt ist es nicht wert, auf die Straße zu gehen – nach unseren Präzisieru­ngen schon gar nicht.

Wie viele Leute, die bisher maximal zehn Stunden pro Tag gearbeitet haben, werden künftig zwölf Stunden lang arbeiten?

Das kann ich schwer einschätze­n. Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sich sehr viel ändern wird.

Wann kommt eigentlich das Gesetz für die Mindestsic­herung?

Vor der Sommerpaus­e wollen wir damit in Begutachtu­ng gehen.

Kann die Mindestsic­herung inklusive Wohnkosten-Zuschuss dann auch für Zuwanderer bei den ursprüngli­chen rund 860 Euro liegen?

Nein, das ist in keiner Weise angedacht.

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ÖVP-Klubchef August Wöginger versteht die Aufregung um 12-Stunden-Tag nicht: „Es wird sich nicht sehr viel ändern“

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