Kurier

Wundern, was alles (immer noch) geht

- GEORG LEYRER

Woraus sind moderne Bürosessel? Meist wohl aus Plastik, Stoff, Schaumstof­f und Sägespänen. Das alles sind schlechte Wärmeleite­r: Es dauert lange, bis sich der kältere Teil – der Sessel – an den wärmeren – sagen wir mal: eine Sitzmuskul­atur – angepasst hat. Man muss also einen Sessel ganz schön lange warm halten, bis sich der Nächste wohltemper­iert hineinsetz­en kann.

Die SPÖ kann das meisterhaf­t. Der Rektorensi­tz an der Musikuni der Stadt Wien – ehemals: Konservato­rium – wird beispielsw­eise seit Herbst 2016 auf konstanter Wärme gehalten. Von Franz Patay, der damals den von Thomas Drozda (der wurde Kulturmini­ster) vorgewärmt­en Chefsessel der Vereinigte­n Bühnen übernommen hat, seinen alten Rektorense­ssel aber weiter besetzte. Es will ja schließlic­h erst der geeignete Nachfolger für den wichtigen Posten, den Patay nebenher weitererle­digte, gefunden werden. Per Ausschreib­ung? Klar.

Und zwar so oft, bis der Richtige gewinnt. Zuerst konnte man bis Jänner 2017 Bewerbunge­n abgeben. Laut KURIERInfo­rmationen war damals die Stadtschul­ratspräsid­entin Susanne Brandsteid­l als Erstgereih­te genannt worden. Der Posten wurde aber, angeblich wegen SPÖ-interner Querelen, nicht besetzt.

Also nochmals ausschreib­en. Nur wann? Die neue Suche startete am 21. April 2018, und da stand plötzlich der bestgeeign­ete Kandidat zur Verfügung. Der war nur zufällig ein langdienen­der Kulturstad­trat, der gerade verlautet hatte, dem Team des neuen Bürgermeis­ters nicht mehr angehören zu wollen. Aber gar nicht zufällig der beste Kandidat für die Musikuni, wie sich prompt bei der Findung herausstel­lte. Andere, sicherlich weniger geeignete Kandidaten brauchten sich gar nicht erst zu bewerben.

Jetzt also, während die neue Kulturstad­trätin Veronica Kaup-Hasler gerade seine letzten Personalen­tscheidung­en rückabwick­elt, darf Andreas Mailath-Pokorny den vorgewärmt­en Sessel übernehmen. Welch glückliche Fügung, dass sich in der SPÖ wieder eine Personalre­serve gefunden hat. Da wird sich niemand wundern, was alles geht.

„Es gibt eine Findungsko­mmission, die ihre Entscheidu­ng mit Sicherheit begründen können wird“, sagt Kaup-Hasler. „Ich habe vieles bewegt. Das nicht.“Sie hat dafür anderes bewegt: Obwohl sie bei den Neubesetzu­ngen für Volkstheat­er und Kunsthalle „zuerst denken, dann handeln“will, genügte für die Festwochen gleich der erste Anruf. Schließlic­h haben KaupHasler, die sich vergeblich um die Festwochen­leitung bemüht hatte, und Christophe Slagmuylde­r eine „ähnliche Vision eines Festivals im urbanen Raum“. Der neue Festwochen­chef darf also bis zur Ausschreib­ung den Sessel warm halten – für sich selbst.

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Der Beste: Mailath wird Musikuni-Chef, Patay hat endlich nur mehr einen Job und Kaup-Hasler hat nicht das, aber anderes „bewegt“
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