Brasiliens Katzenmann glänzt mit deutschen Tugenden
Alisson Becker. Tormann ist wohl die ungeliebteste Position im brasilianischen Fußball. Während ein gesamtes Volk dem Ball nachjagt, mit ihm Kunststücke vollführt und die prächtigsten Treffer erzielt, ist der Schlussmann zum Zuschauen verdammt. Sein Arbeitsplatz ist der enge Strafraum, der seiner zehn Kollegen das weite Spielfeld. Es scheint nicht wahnsinnig erstrebenswert zu sein, in einem brasilianischen Tor zu stehen. Alisson Becker verrichtet seine Arbeit auf auffällig unauffällige Art und Weise. Genau das ist seine Stärke: Die 25-jährige Nummer eins des Rekordweltmeisters gehört zu den derzeit besten Torhütern der Welt. Der 1,93 Meter große Schlussmann war hauptverantwortlich dafür, dass AS Roma heuer zum ersten Mal nach 34 Jahren wieder zu den besten vier Teams in Europa gehörte. Das Halbfinal-Aus in der Champions League gegen den FC Liverpool konnte aber auch Alisson nicht verhindern: Fünf Mal musste er allein im Hinspiel hinter sich ins Tor greifen. „Ich konnte danach drei Tage lang nicht schlafen“, sagt er und stellt gleich die Verbindung zur Seleção her: „Mein Land kann seit vier Jahren nicht schlafen.“
Der Weg war frei
Brasiliens Wunden nach dem 1:7 bei der Heim-WM gegen Deutschland sind noch immer nicht verheilt. Auch für Alisson, der 2014 gar nicht im Kader war, hatte die Partie Folgen: Für Vorgänger Julio Cesar war das 1:7 das letzte Länderspiel. Damit war der Weg frei für „O Goleiro Gato“, den Katzenmann.
In Rom ist Alisson „der Deutsche“: Seine Vorfahren kamen aus dem Saarland nach Brasilien. In Europa will er lange bleiben. Real Madrid und Liverpool buhlen um seine Unterschrift. „Ich kenne meinen Wert“, sagt er. Für Roma liegt der bei 80 Millionen Euro. Damit würde Alisson zum teuersten Tormann der Geschichte aufsteigen.
Derzeit ist dies Ederson von Manchester City. Die Nummer zwei Brasiliens.