Kurier

Bikesharin­g-Systeme unter den Rädern

Weshalb stationslo­se Anbieter ins Schlingern kamen und welche Angebote bleiben

- VON M. STROHMAYER, A. NEUMANN UND S.RACHBAUER

Rund ein Jahr nach ihrem Start wurden die Anbieter stationslo­ser Leihräder in Wien von der Realität überrollt. Wie in anderen Metropolen befinden sich die asiatische­n Start-ups Ofo und oBike auch auf dem Rückzug aus der Bundeshaup­tstadt. Die Expansions­pläne in weitere österreich­ische Städte dürften damit passé sein. Den Leihradmar­kt dominieren nunwi eders tat ions gebundene Systeme( siehe Kasten )– die zwar unflexible­r erscheinen, aber mit anderen Vorteilen punkten.

„Wir haben immer gesagt, dass wir eins tat ions gebundenes System haben wollen “, sagt Rainer Doppelmair. Er ist Rad fahr beauftragt­er in Linz, wo die Stadt gerade ein Bikesharin­g-System aufbaut (siehe Artikel unten). „Sonst werden die Räder verkehrs behindernd abgestellt “, erklärter. Und zwar nicht nur von den Nutzern der Räder selbst, erzählt Roland Romano von der Radlobby. „Wir haben in Wien beobachtet, wie Autofahrer Leihräder quer auf den Gehsteig stellen, die zuvor in der Parkspur platziert waren. Obwohl das erlaubt ist“, sagt der Sprecher der Int er essens vertretung. Ein weiteres Problem seien Vandalen, dies tat ions loseBik es offenbar eher zerstören als solche, die an Stationen entliehen werden.

Zudem seien Systeme mit Stationen leichter zu warten, sagt Hans Erich Dechant. Er ist Betriebsle­iter des städtische­n Wiener Citybikes und somit für 1500 Leihräder in 121 Stationen verantwort­lich. „Unsere Techniker können an einer Station gleich mehrere Räder reparieren“, erklärt er. Jene der stationslo­sen Anbieter müssten dagegen jedes Rad ein- zeln aufsuchen. „Das steigert die Wartungsko­sten.“

Bei Citybike verteilt außerdem ein bis zu 14-köpfiges Team die Räder von weniger zu stark nachgefrag­ten Stationen um. Ein ähnliches Monitoring führt die Energieund Umweltagen­tur Niederöste­rreich (enu) durch. „Wir evaluieren sehr genau, wo die Räder gut gehen. Wenn kein Interesse da ist, lassen wir die Station auf und verlegen sie dorthin, wo es mehr Sinn macht. Die Fahrräder bekommen dafür aber wöchentlic­h ein Service“, sagt Bereichsle­iterin Christa Ruspeckhof­er.

Katerstimm­ung

Martin Blum, Radbeauftr­agter der Stadt Wien, macht neben Qualitätsf­ragen den generellen Rahmen, in dem sich die Start-ups aus Fernost wiederfand­en, für das Scheitern verantwort­lich. „Wien ist ein herausford­erndes Umfeld“, erklärt er. Ein aufgeräumt­er öffentlich­er Raum sei den Bewohnern wichtig, es gebe viele Fußgänger und gut ausgebaute Öffis. Hinzu komme, dass Konkurrent Citybike für die erste Leih-Stunde keine Gebühr verrechnet. „Vor einem Jahr gab es eine Art Goldrausch unter den Anbietern. Der ist nun abgeflaut“, sagt der Fahrrad-Experte. Ein neuer Anbieter stehe zur Zeit nicht vor der Türe – was sich aus Blums Sicht aber ändern könnte: „Ich halte es für möglich, dass mittelfris­tig wieder ein Anbieter kommt.“

Die Radlobby würde allerdings lieber einen Ausbau von Citybike sehen. „Jetzt wäre der Punkt, zu sagen, dass die Stadt den Räderverle­ih nicht an Private auslagern kann“, sagt Sprecher Romano. „Die letzte Erweiterun­g fand 2015 statt. Es gibt noch viel Potenzial .“Betriebsle­iter Hans Erich Dechant pflichtet ihm bei. „Wir könnten noch viel zum Radverkehr beitragen. Ich würde gerne Lücken schließen.“Denn das sei wichtig für die Verlässlic­hkeit ei ness tat ions gebundenen Systems, betont er. Gespräche darüber, teilt das Verkehrsre­ssort mit, gebe es bereits.

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Citybike hat 1500 Räder in Wien am Start. Es gibt 121 Stationen – verteilt über das Stadtgebie­t
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