„Es geht um kleine Schritte, kleine Erfolge“– keine Illusionen
Analyse. Wie ein USA- und ein Russland-Experte den Helsinki-Gipfel der beiden Präsidenten und die politischen Konsequenzen einschätzen
„Angesichts der sehr schlechten bilateralen Beziehungen der beiden Länder ist allein das Zustandekommen des Gipfels schon wichtig“, sagt der Russland-Experte Gerhard Mangott im Gespräch mit dem KURIER. Präsident Wladimir Putin könne mit dem Treffen als gleichberechtigter Partner auf Augenhöhe mit dem US-Präsidenten „nun glaubhaft argumentieren, dass alles, was über die diplomatische Isolation Russlands wegen der Ukraine und Syrien geredet wird eben nur Gerede ist“.
Von russischer Seite wäre man für jedes positive Signal dankbar: „Illusorische Erwartungen gibt es in Russland nicht. Und das ist auch taktisch vernünftig – von beiden Seiten.“In der UkraineFrage und Gesprächen über eine UN-Blauhelmmission stecke man in der Sackgasse; bei Syrien will Russland den USA keine größere Rolle zugestehen; eine ohnehin unerwartete Anerkennung der russischen Krim-Annektion von Seiten Donald Trumps wäre kaum auf Dauer, sagt Mangott, da der US-Kongress das wieder „korrigieren“würde.
Was wäre ein möglicher großer Erfolg? „Eine Verlängerung des Abkommens über Begrenzung von nuklearen Sprengköpfen und deren Abschussvorrichtungen zwischen den USA und Russland.“Dieses läuft 2021 ab, „eine Verlängerung um weitere fünf Jahre wäre formlos durch Trump und Putin möglich“, sagt der Politologe der Universität Innsbruck.
„Gipfeltreffen wie diese sind grundsätzlich vernünftig“, meint Heinz Gärtner , Leiter des Österreichischen Instituts für Internationale Politik. Es habe diese Treffen nicht umsonst auch in den schlimmsten Phasen des Kalten Krieges gegeben. Die vorab häufig geäußerte Kritik, Trump hätte das Treffen absagen sollen und würde sich in Helsinki lediglich von Putin über den Tischziehen lassen, weist der Politikwissenschaftler vehement zurück: „Solche Ansichten sind auch der US-Innenpolitik geschuldet, wo die Demokraten Trumps Außenpolitik auf Männerfreundschaften und eine Vorliebe für starke, autoritäre Persönlichkeiten reduzieren wollen.“
Doch das sei eindeutig zu kurz gegriffen: „Trump ist nicht dumm. Diese immer gleiche Karikatur des US-Präsidenten als naive Witzfigur überschattet in der medialen Öffentlichkeit alles. “Der Präsident versuche einfach, alle außenpolitischen Schachzüge unter Kontrolle zu haben und würde daher bilaterale Treffen wie dieses großen internationalen Konferenzen vorziehen.
Es gebe aber in Washington ganz klare außenpolitische Linien gegenüber Russland, und an die würde sich Trump weitgehend halten: „Die Konfliktzonen, von der Ukraine bis zum Iran, sind klar abgesteckt.“Daher seien von Gipfeln wie diesem auch keine umfassenden politischen Richtungsänderungen zu erwarten: „Es geht da um kleine Erfolge, kleine Schritte, die man aufeinander zumacht, etwa in Fragen der Abrüstung, oder im Streitfall Ukraine.“Auch für Trump sei der Gipfel grundsätzlich ein Erfolg, schließlich sei unter seinem Vorgänger Obama ein solcher nie zustande gekommen. Trump werde es ganz gleich wie Putin gelingen, auf seine Weise als Gewinner des Treffens dazustehen.