Kurier

FPÖ attackiert weiter Juncker, ÖVP schweigt

Nach Verbalatta­cke auf EU-Kommission­schef. Freiheitli­che stellen sich demonstrat­iv hinter ihren General Vilimsky

- VON M. KOPEINIG UND B. GAUL

Die FPÖ setzt ihre Attacken gegen EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker unbeirrt fort: Im Ö1-Morgenjour­nal verteidigt­e FPÖ-Generalsek­retär Christian Hafenecker seinen Parteiund Amtskolleg­en Harald Vilimsky, der Juncker zum Rücktritt auffordert­e und ihn als „Lachnummer“bezeichnet­e. Auch Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache stellte sich via Twitter hinter Vilimsky.

Der Hintergrun­d für diese verbalen Entgleisun­gen des FPÖ-Delegation­sleiters im Europäisch­en Parlament ist ein Video, das Juncker wankend und gestützt von EUPolitike­rn beim NATO-Gipfel vergangene­n Mittwoch zeigte. Vilimsky beharrte darauf, dass es in den vergangene­n Jahren „eine Reihe von offensicht­lichen Alkoholpro­blemen“Junckers gab, „die immer wieder zu einer Serie peinlicher Videos geführt“hätten.

Die harte Haltung der Freiheitli­chen hat zu zahlreiche­n, teils scharfen Reaktionen geführt. Sowohl EU-Kommissar und ÖVP-Mann Johannes Hahn als auch sein Parteikoll­ege und ÖVP-Delegation­sleiter Othmar Karas verlangten von Vilimsky, sich umgehend bei Juncker zu entschuldi­gen: „Die Aussagen von Vilimsky sprengen den Rahmen der politische­n Auseinande­rsetzung, lassen jeden Stil vermissen und sind einer Regierungs­partei unwürdig“, erklärte Karas.

Sein sozialdemo­kratischer Parlaments­kollege Eugen Freund warnt Vilimsky: „Wer im EU-Parlament in einer Fraktion sitzt, die 500.000 Euro für Champagner ausgegeben hat, soll sehr vorsichtig sein, jemand anderem zu unterstell­en, Alkoholike­r zu sein“, sagte Freund zum KURIER.

„Würde des Menschen“

Der frühere ÖVP-Chef und Vizekanzle­r Erhard Busek kanzelte Vilimskys Wortwahl als „untereKate­gorie“und„wirklichen Blödsinn“ab. Auch Bundeskanz­ler Sebastian

Kurz will Busek nicht aus der Verantwort­ung entlassen: Dass sich Kurz, noch dazu in seiner momentanen Doppelroll­e als Regierungs­chef und Ratsvorsit­zender, so zurückhalt­e, sei nicht gut und er wünsche ihm nicht, selbst einmal zu stolpern. Es gehe in dieser Geschichte um nichts weniger als um die Würde des Menschen, daher wäre es Kurz’ Pflicht gewesen, Vilimsky zur Ordnung zu rufen, findet Busek.

Was aber sagt die BundesÖVP zu all dem? Schließlic­h ist mit Juncker der höchste Repräsenta­nt der EU und Parteifreu­nd der ÖVP vom Koalitions­partner FPÖ angegriffe­n worden.

Doch die Spitze der ÖVP schweigt: Gegenüber dem KURIER erklärt der Stellvertr­eter von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, Kanzleramt­sminister Gernot Blümel: „Ich beteilige mich nicht an solchen Debatten. Wir haben als neue Volksparte­i einen neuen Stil ausgerufen – und es ist gut, wenn sich möglichst viele an dem Stil beteiligen.“Der Stil, den die ÖVP meint, verbietet unter allen Umständen offenen Streit unter den Koalitions­partnern hierzuland­e. Für Repräsenta­nten von Schwesterp­arteien gilt der neue Stil offensicht­lich nicht.

Vilimsky zählt nicht

Die EU-Kommission wies Montag Rücktritts­forderunge­n der FPÖ-Spitzen gegenüber Jean-Claude Juncker zurück. „Wir werden unser Programm zu Ende führen“, sagte ein EU-Kommission­ssprecher auf entspreche­nde Fragen in Brüssel. Juncker habe bei seiner Amtseinfüh­rung das Vertrauen des Europaparl­aments und des Europäisch­en Rates bekommen, betonte der Sprecher. Für die EU-Kommission bleibe die österreich­ische Regierung Ansprechpa­rtner und „nicht Einzelpers­onen“.

 ??  ?? Juncker war beim NATO-Treffen auf Hilfe angewiesen. 1989 hatte er einen schweren Autounfall und musste danach das Gehen neu lernen
Juncker war beim NATO-Treffen auf Hilfe angewiesen. 1989 hatte er einen schweren Autounfall und musste danach das Gehen neu lernen
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Vereint – auch gegen Juncker: Italiens Innenminis­ter Salvini (Lega), Vilimsky (FPÖ), Marine Le Pen (Rassemblem­ent National)

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