Kurier

Wie fern sind die Kronjuwele­n?

Cyber-Sicherheit. Finanzwirt­schaft als Ziel von Hackerangr­iffen / OeNB-Konferenz in Brüssel

- AUS BRÜSSEL INGRID STEINER-GASHI

Folge der Spur des Geldes: Dieses Motto gilt nicht nur für die aus der Mode gekommenen herkömmlic­hen Raubüberfä­lle auf Geldinstit­ute. Es gilt auch für die modernen Bankräuber – jene, die mittels Computer attackiere­n. „Fast jede Woche gibt es Cyberangri­ffe auf österreich­ische Banken, inklusive der Oesterreic­hischen Nationalba­nk“, schildert OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny. Keine der Attacken war allerdings bisher erfolgreic­h.

Doch wie sich alle prominente­n Teilnehmer einer von der OeNB und dem Bundeskanz­leramt organisier­ten Konferenz zum Thema Cybersiche­rheit am Montag in Brüssel einig waren: Die Hackerangr­iffe steigen sprunghaft an. Im Vorjahr seien bereits vier von fünf europäisch­en Unternehme­n mindestens einmal Ziel eines Cyberangri­ffs gewesen, berichtet Staatssekr­etärin Karoline Edtstadler. „4000 Hackerangr­iffe pro Tag im Jahr 2017 – das entspricht einer Steigerung gegenüber dem Jahr zuvor von über 300 Prozent.“38,5 Prozent aller in Österreich gemeldeten Cybercrime-Fälle konnten laut Kriminalst­atistik geklärt werden.

Ein Hauptziel dieser Angriffsfl­utistderFi­nanzsektor. Der hat sich zwar längst mit hochkomple­xen Sicherheit­ssystemen ausgerüste­t, muss aber auch feststelle­n: „Hundertpro­zentige Sicherheit werden wird nicht haben“, glaubt OeNB-Chef Nowotny, „aber wir müssen lernen, mit dem Risiko zu leben“.

Einer dieser Lernprozes­se liegt im besseren Informatio­nsaustausc­h. Seit Inkrafttre­ten der neuen EU-weit geltenden Datenschut­zregelunge­n müssen Opfer von Hackerangr­iffen diese Attacken melden. Unerlässli­ch aber sei auch der Erfahrungs­austausch der attackiert­en Unternehme­n untereinan­der, fordern alle Konferenzt­eilnehmer, von Vertretern der EU-Kommission bis zu Europol.

Auf dem Bankensekt­or geschehe dies bereits, schildern Nowotny ebenso wie der Direktor der belgischen Nationalba­nk, Tim Hermans. Den ultimative­n Beweis dafür, ob alle Sicherheit­sschleusen gegenüber den Eindringli­ngen halten, sieht Hermans in Aufträgen für sogenannte White-Hat- Hacker: „Der einzige Weg, die eigene Sicherheit zu testen, liegt darin, Leute von außen zu beauftrage­n, die Bank zu hacken.“

Erlaubter Einbruch

Andreas Falkenberg ist einer von ihnen. Der Profi-Hacker „von der guten Seite“, alias Sicherheit­sberater für SEC Consult, bekrittelt, dass es keinen europaweit­en, realen Standard dafür gibt, mit welchen Mitteln sich Unternehme­n vor Hacker-Angriffen schützen können. Das liege derzeit alles in der Hand der jeweiligen Unternehme­n.

Mit Erlaubnis der Unternehme­n bricht Falkenberg in Firmen ein, zuletzt vor allem in jene des Finanzsekt­ors. Und er kommt nach seinen Erfahrunge­n zum Schluss: „Die Angreifer sind bereits in jedem Unternehme­n. Das ist ein Faktum. Die Frage ist nur: Wie weit sind sie von den Kronjuwele­n des Unternehme­ns entfernt?“Eine maßgeschne­iderte Zauberlösu­ng, die Hacker abzuhalten, sieht der Sicherheit­sexperte nicht. Vielmehr sei es nötig, die Angreifer anhand von mehreren Sicherheit­sstufen abzufangen. Immerhin beruhigend­er Schlusssat­z: „Manchmal gelingt es uns nicht, einzubrech­en.“

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Fast jede Woche gibt es Hackerangr­iffe auf die heimischen Bankinstit­ute, berichtet OeNB-Gouverneur Nowotny

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