Zahl der Morde an Frauen ist gestiegen
Prävention. Kommission soll Morde untersuchen
Die Aggression nimmt zu, die Hemmschwelle sinkt: Laut der „Allianz gewaltfrei leben“könnten das die Gründe sein, warum die Zahl der Frauenmorde in Österreich angestiegen ist. Doch trotz der Steigerung werden Angebote der Gewaltschutzeinrichtungen von Polizei und Justiz nicht genutzt, erklärt die Allianz. Auch die Zahl der polizeilichen Betretungsverbote wächst kontinuierlich an. Laut den Expertinnen reicht die polizeiliche Wegweisung allerdings in gefährlichen Situationen nicht aus: bei mehrmaliger Übertretung gebe es keine Sanktionen. Die „Allianz gewaltfrei leben“fordert nun mehr Prävention und Opferschutz. Und eine Kommission zur Untersuchung von Morden an Frauen durch Männer.
Am Montag hat ein 51-jähriger Mann aus der Obersteiermark seine Ex-Freundin mit Benzin übergossen und versucht, sie anzuzünden. Seine Tat ist gescheitert – weil das Feuerzeug nicht funktioniert hat.
Im Mai dieses Jahres wird eine 59-jährige Frau in Wien auf offener Straße von ihrem Mann erstochen – laut Polizei lebte das Ehepaar in Scheidung.
Das sind nur zwei aktuelle Fälle, in denen Frauen in Österreich Opfer von Tötungsdelikten (Mord, Totschlag etc.) durch Männer wurden – oft spielen dabei auch Trennungen eine große Rolle. Laut der „Allianz gewaltfrei leben“– einem Zusammenschluss von Opferschutzeinrichtungen und Frauenhäusern – wurden heuer bis Mai 15 Frauen von Männern getötet. Laut einer Chronologie der APA,die sich auf die Polizei beruft, waren es 15 bis Juni.
Hemmschwelle sinkt
„Wir sind sehr besorgt über die Häufung an Morden“, sagt Rosa Log ar von der Wiener Intervent ions stelle gegen Gewalt .„ Das sind Kapitalverbrechen. Dramatik ist angebracht.“
Tatsächlich ist Zahl der Morde an Frauen gestiegen. 2017 wurden 34 Frauen von in Österreich von Männern umgebracht, 2012 waren es 29( zum Vergleich :2017 wurden sechs Männer von Frauen ermordet, 2012 waren es ebenfalls sechs). Auch die Zahl der Mordversuche von Männern an Frauen ist gestiegen: 2012 waren es 33, 43 im Jahr 2017. Noch ist laut den Expertinnen nicht klar, ob es sich bei den gestiegenen Zahlen um einen Trend oder eine zufällige Häufung handelt. „Unserer Meinung nach nimmt die Aggression zu, während die Hemmschwelle sinkt“, sagt Schuh.
Statistisch beweisen können das die Expertinnen aber nicht. In der jährlich vom Bundeskriminalamt veröffentlichten Kriminalitätsstatistik gibt es keine kombinierten Daten darüber, ob Frauen beispielsweise von ihren Ehemännern, Söhnen oder Vätern getötet wurden. „Eine Kombination von Geschlecht und Beziehungsverhältnis wird nicht erfasst“, kritisiert Logar.
Die Daten wären für die NGOs hinsichtlich der Aufarbeitung der Fälle und der Prävention wichtig. Das Bundeskriminalamt erhebt diese Daten aber nicht :„ Dieser Detaillierungsgrad ist für uns in der polizeilichen Arbeit nicht erheblich “, sag tV incenz Kriegs-Au,Sprec herdes Bundes kr im inal amts.
Täter männlich, Opfer weiblich, beide lebten in einer familiären Beziehung in Interventionsstelle gegen Gewalt einer Hausgemeinschaft – das reicht den Kriminalisten an Information. Ob es sich beim Täter um den Onkel oder Ehemann des Opfers handelt, ist für die Polizei unwesentlich.
Beziehungstaten
Die Expertinnen sehen das anders: „Morde kommen nicht aus heiterem Himmel“, sagt Rosa Logar. Oft würden sie angekündigt.
Eva Schuh vom Bundesverband der Gewaltschutzzentren sagt: „Für Frauen ist die Familie noch immer der gefährlichste Ort.“Laut Kriminalstatistik sind 62,8 Prozent der Gewaltdelikte des Jahres 2017 als Beziehungstaten geführt. Doch während die Zahl der Morde und Mordversuche an Frauen steigt, stoppt das Innenministerium nun die sogenannten Fallkonferenzen (siehe Zusatzbericht).
Die Expertinnen fordern mehr U-Haft für Gewalttäter. Die Zahl der polizeilichen Betretungsverbote steigt zwar kontinuierlich an (siehe Grafik), laut den Expertinnen handelt es sich bei der polizeilichen Wegweisung aber um ein „softes Mittel. Sie reicht nicht aus in gefährlichen Situationen“, sagt Log ar. Bei mehrmaliger Übertretung gebe es überhaupt keine Sanktionen. „Warum soll auf ein strafrechtliches Delikt nur mit einemsic her heits polizeilichen Mittel reagiert werden ?“, fragt Log ar.
Die Expertinnen fordern nun eine Kommission, die die Morde an Frauen untersucht. Und: mehr Budget. Statt bisher zehn Millionen Euro, will die Allianz 210 Millionen Euro für den Gewaltschutz.
„Die Sicherheit von Frauen und Mädchen muss uns etwas wert sein“, argumentieren sie.
„Eine Trennung ist ein Risikofaktor für eine Frau. Da passieren die meisten Mordversuche.“
Rosa Logar
„Für Frauen ist noch immer die Familie der gefährlichste Ort. Die Hochrisikofälle nehmen zu.“
Verband Gewaltschutzzentren