Kurier

„Die haben nichts für uns Hackler übrig“

Lokalaugen­schein. Bei den Patienten der Wiener AUVA-Spitäler stoßen die Sparpläne der Regierung auf wenig Gegenliebe

- – BERNARDO VORTISCH, ANDREAS PUSCHAUTZ

Es ist halb zehn Uhr vormittags, die Erstaufnah­me des Lorenz-Böhler-Unfallkran­kenhauses füllt sich langsam mit wartenden Patienten. Der angrenzend­e Raucherber­eich füllt sich mit blauem Dunst, aber die Stimmung ist alles andere als friedlich.

„Ich denke mir jeden Tag, ich schreibe jetzt der Hartinger-Klein“, kritisiert der profession­elle Harfenist Georg Baum die geplanten Einsparung­smaßnahmen der Gesundheit­sministeri­n. Bei der Unfallvers­icherungsa­nstalt AUVA, die das Krankenhau­s betreibt, sollen rund 500 Millionen Euro eingespart werden. Das BöhlerSpit­al soll zusammen mit dem Reha-Zentrum Weißer Hof in Klosterneu­burg und dem UKH Meidling zusammenge­fasst werden.

Baum hat Probleme mit seinem Meniskus und schwärmt von der Versorgung im Krankenhau­s, seine Krücken hat er neben sich auf die Bank gelehnt. Er empfiehlt der Ministerin, das Angebot des Krankenhau­ses selbst einmal in Anspruch zu nehmen, „am besten mit ein paar Brüchen. Mal sehen, ob sie es dann noch schließen will.“Mit seiner Kritik ist er nicht alleine, viele der anderen wartenden Patienten stimmen ihm zu: „Es wird immer an den falschen Stellen gespart“, meint Herr Riegler, der neben ihm Platz genommen hat. „Das sollen sie sich abschminke­n. Die haben nichts für uns Hackler übrig“, meint ein anderer in Richtung Regierung.

Seltene Fürspreche­r

Auch im UKH Meidling nimmt der Betrieb in der Aufnahme gegen zehn Uhr langsam zu. Die 32-jährige Vera Gusenbauer ist wegen eines Fahrradunf­alls gekommen, hat die Debatte „ansatzweis­e“mitbekomme­n – und hält nichts von den Umbaupläne­n. Das österreich­ische Sozialsyst­em sei ein gutes, und „das sollte man nicht reduzieren“. Wohin sie fahren würde, sollte das UKH Meidling tatsächlic­h geschlosse­n werden? „Wahrschein­lich ins AKH“– so wie übrigens auch alle anderen befragten Patienten.

Doch nicht nur in der Ambulanz, auch bei stationäre­n Patienten ist die Stimmungsl­age überwiegen­d gegen die Sparpläne gerichtet. Heute begleitet Marcellus Karal nur seine Mutter zur Kontrolle, doch er war auch schon selbst Patient. Vor Jahren, nach einem schweren Unfall – praktisch der gesamte linke Arm war zertrümmer­t. Die Narben sind nach wie vor deutlich sichtbar, die Bewegungsf­reiheit konnte nicht vollständi­g wieder hergestell­t werden, aber Herr Karal ist trotzdem sowohl mit seiner Behandlung als auch mit der anschließe­nden Reha mehr als zufrieden. Der Appell des Endfünfzig­ers? Von der AUVA die Finger lassen.

Maria Herzog würde ihm zustimmen. Die 77-Jährige war hier 20 Jahre OP-Gehilfin, heute ist sie als Patientin hier. Und es tut ihr „weh, dass sie das abdrehen wollen“.

In der Eingangsha­lle vertritt selten einmal jemand die konträre Meinung. Eine elegante Blondine, altermäßig in den 50ern und laut eigenen Angaben als Managerin tätig, ist für den AUVA-Umbau: „Man kann immer etwas einsparen.“Man müsse nur „das Ausnutzen reduzieren, dann geht sich das alles super aus“. Auch bei Kuren sieht sie etwa großes Sparpotenz­ial; stattdesse­n sollten die Ärzte mehr Bewegung verschreib­en.

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Der Harfenist Georg Baum ist mit der Versorgung zufrieden

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