Kurier

Das EU-Parlament von der anderen Seite: „Burgi“, die Saaldiener­in aus Oberösterr­eich

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Wem zur EU nur Betonburge­n und Eurokraten einfallen, der kennt „Burgi“nicht. Notburga Burgstalle­r mit ihrem breiten oberösterr­eichischen Dialekt ist mehr glühende Europäerin als so mancher EU-Abgeordnet­er. Und darüber muss die 58-jährige Mutter zweier erwachsene­r Söhne nicht einmal besondersv­ielreden.Sieistes einfach. So arbeitet sie – voll Stolz – als Saaldiener­in im Europäisch­en Parlament.

In ihren 22 Arbeitsjah­ren hier hat sie viele Präsidente­n, Premiermin­ister, Parlamenta­rier und sonstige wichtige Leute gesehen. Beeindruck­end – ja, aber von Ehrfurcht vor den Großen der Welt ist bei „Burgi“wenig zu spüren. Dafür Begeisteru­ng darüber,dabeiseinz­udürfen.

Jahrelang hat die einzige Österreich­erin unter den 32 Saaldiener­n in ihrem Gebäudetei­l dafür gekämpft, dass auch Frauen die würdevolls­ten Aufgaben der „Huissiers“, wie sie offiziell heißen, übernehmen dürfen (Anm.: Huissier stammt vom französisc­hen „huis“und bedeutet „Tür“). Das heißt Frack anlegen, Smokinghem­d, weiße Fliege und die schwere silberne Kette tragen. Die Ehrengarde bilden und Plenarsitz­ungen begleiten.

Frauen rücken nach

Doch der damalige Chef der Saaldiener weigerte sich: Frauen in diesem Bereich? Unmöglich. Mit der Bestellung eines neuen Chefs ist auch bei den Saaldiener­n die Gleichbere­chtigung eingezogen. Nur eines hat sich bis heute nicht geändert. Die „Huissiers“tragen weiterhin nur den männlichen französisc­hen Begriff.

Wie wird man Saaldiener­in im EU-Parlament? Der kleinen Notburga aus dem oberösterr­eichischen Dorf Lohnsburg war dieser Berufsweg nicht gerade in die Wiege gelegt. Die Liebe habe sie nach der Matura zunächst nach Straßburg geführt, erzählt sie. Nach Heirat, zwei Kindern, Französisc­h-Studium und ersten Halbtags-Jobs bei Abgeordnet­en wusste Burgstalle­r: Sie will ganz in die Arbeit fürs EU-Parlament einsteigen. Die Menschen aus den vielen verschiede­nen Teilen Europas, die Sprachen, die Freude, Teil eines großen Ganzen zu sein,dashatesde­rgebürtige­n Innviertle­rin angetan.

Der österreich­ische EUBeitritt 1995 kam ihr zugute: „Ich habe mir gedacht, wenn Österreich jetzt dabei ist, gibt’s für mich auch JobChancen.“Sprach’s, bestand ein langes Auswahlver­fahren und zog nach Brüssel.

„Vor kurzem hatte ich meine wichtigste Besuchergr­uppe zu Gast im Parlament“, erzählt sie: 37 Lohnsburge­r, also ein gewichtige­r Teil des Dorfes, waren zur „Burgi“nach Brüssel gereist.

Das Heimweh, meint sie nach Jahrzehnte­n in Straßburg und Brüssel, werde jetzt immer stärker. „Ich freue mich schon sehr auf meinen letzten Lebensabsc­hnitt – die Pension – im schönen Österreich“, sagt sie und holt tief Luft. „Nur eines stimmt mich ein bisschen traurig: Die ständige Unzufriede­nheit, das Jammern der Österreich­er, Jammern auf hohem Niveau. Und die Schuldzuwe­isungen an Brüssel wegen allem, was nicht sofort so läuft, wie sie es gerne haben möchten.“

Aus der Perspektiv­e eines Menschen, der Jahrzehnte fern der Heimat verbracht hat, weiß sie: „Dabei geht es den Österreich­ern sooo gut – und so soll es auch bleiben.“Das ungekürzte Porträt lesen Sie auf kurier.at

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Saaldiener­in im EU-Parlament: Notburga „Burgi“Burgstalle­r

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