Kurier

Agenten-Truppe für Spezialein­sätze

Russlands Militärgeh­eimdienst. Wo immer es hart auf hart geht, sind die GRU-Spione gefragt

- – STEFAN SCHOCHER

Als klar wurde, dass Sergej Skripal und seine Tochter Yulia vergiftet wurden, geriet sehr rasch Sergej Skripals früherer Arbeitgebe­r in Verdacht: Der GRU – Russlands Militärgeh­eimdienst, für den Skripal tätig war, um zugleich dem britischen MI6 zuzuarbeit­en. Noch mehr erhärtete sich der Verdacht, als sich herausstel­lte, wie die Vergiftung vonstatten gegangen sein dürfte: Durch ein vergiftete­s Parfum, das später in der Wohnung eines britischen Pärchens auftauchte, wobei eine Frau starb. Vor dem Anschlag sollen die Skripals intensiv beschattet worden sein.

Die britischen Behörden sind eigenen Angaben zufolge nah dran, die Täter zu identifizi­eren. Man kann davonausge­hen,dasssieber­eits außer Landes sind, sollte der Verdacht der Briten stimmen.

Und auf der anderen Seite des Atlantik? Da wurden am Freitag zwölf Russen angeklagt, die 2016 an Hackeratta­cken auf die Demokratis­che Partei beteiligt gewesen sein sollen. Gearbeitet hätten sie dabei – so die Anklage – für den GRU, Russlands langen Arm im Ausland.

Als die Sowjetunio­n zerfiel, taten das auch die staatliche­n Strukturen und zu weiten Teilen auch ihr Sicherheit­sapparat. Über den KGB war viel bekannt, ebenso darüber, wie er zerfiel. Aus ihm ging der FSB hervor. Weniger bekannt war schon immer über den GRU. Und während sich für staatliche Strukturen nach 1991 alles neu ordnete, blieb das dem GRU erspart. Als Teil der russischen Streitkräf­te, direkt dem Generalsta­b unterstell­t, blieben er und vor allem sein die Welt umspannend­es Netzwerk intakt.

Da es anders als beim FSB kaum Überläufer aus dem GRU gibt, gibt es auch kaum Einblicke in die Struktur des Dienstes. Über GRU-Spezialtru­ppen wusste die NATO bis in die 1980er-Jahre kaum etwas. Spionageab­wehr, Kommandoak­tionen hinter feindliche­n Linien sowie die Abwicklung von Waffenlief­erungen an Moskau freundlich gesinnte Rebellen waren vormals Hauptaufga­bengebiete des GRU. Heute zählen dazu aber auch unkonventi­onelle Kriegsführ­ung, Agitation sowie Hackerangr­iffe.

Ultranatio­nalist

In der Tat taucht der GRU in den vergangene­n Jahren vermehrt in den Biografien von Menschen auf, die Russlands Aktionen im Ausland maßgeblich mittrugen: Igor Girkin etwa, Heerführer auf der Krim während der russischen Annexion, später als militärisc­her Führer in der Ostukraine aktiv und gefürchtet. Heute tourt der Ultranatio­nalist Girkin als besonders scharfer Kritiker Putins durch Russland (der Kremlchef sei zu weich) – und bleibt unbehellig­t, was nicht ohne Deckung Mächtiger geht.

Ein anderer Name ist Dmitri Walerjewit­sch Utkin, einst Angehörige­r der 2. Spezialauf­klärungsbr­igade des GRU, heute Unternehme­r. Er war es, der das private Sicherheit­sunternehm­en Gruppe Wagner gründete. Die Gruppe Wagner beteiligt sich massiv am russischen Einsatz in Syrien sowie an Aktionen in der Ostukraine – jeweils in enger Abstimmung mit der russischen Armee. Und wie zahlreiche Berichte nahelegen, in besonders enger Abstimmung mit dem GRU. Wie sich die Gruppe Wagner finanziert, ist nicht bekannt.

Glaubt man dem 1978 aus dem GRU nach Großbritan­nien übergelauf­enen Viktor Suworow, so gibt es kein Ausscheide­n aus dem GRU in Frieden: Rekruten werde ein Film gezeigt, in dem zu sehen sei, wie ein Deserteur auf eine Liege gefesselt in einen Ofen geschoben und bei lebendigem Leib verbrannt werde. Besonders schwer wiegt der letzte Punkt: So seien etwa sexuelle Vorlieben, Trinkgewoh­nheiten, Angaben zur finanziell­en Situation, sonstige Gewohnheit­en und auch Wohnadress­en sowie Telefonnum­mern

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