Kurier

Asia-Nudeln statt Ami-Burger: EU sucht sich Partner in Fernost

Neue Allianzen. Der Stellenwer­t von JapanundCh­inasteigt: Kann verstärkte­r Handel in Asien den US-Markt ersetzen?

- VON H. SILEITSCH-PARZER

„Alles fällt so leicht, wenn du in Japan groß im Geschäft bist“, sang die Popgruppe Alphaville in ihrem 80er-JahreHit „Big in Japan“. Das wäre ein gutes Motto für die EU: Am Dienstag wurde in Tokio das EU-Handelsabk­ommen mit Japan (auf Englisch kurz: JEFTA oder JEPA) unterzeich­net. Es ist der bisher umfassends­te EUVertrag – das Handelsvol­umen ist doppelt so groß wie mit Kanada (CETA).

Als Geburtshel­fer darf sich der feindselig­e US-Präsident fühlen. Seit 2013 hatten sich die Verhandlun­gen dahingesch­leppt, weil die EU und Japan Wichtigere­s zu tun hatten. Dann kam Donald Trump und stieg aus dem USA-Pazifik-Abkommen

(TPP) sowie den Verhandlun­gen mit der EU (TTIP) aus. Die verschmäht­en Partner entdeckten die Zuneigung füreinande­r neu – und schon im Juli 2017 waren Brüssel und Tokio handelsein­s. Die EU will nun den Handel mit China ebenso rasch vertiefen. Mit Neuseeland und Australien wird verhandelt, mit Südkorea, Singapur und Vietnam ist man schon länger handelsein­s. Kann das Kalkül aufgehen, Trumps Zolleskapa­den durch Geschäfte im boomenden Asien abzufedern? So logisch das klingen mag: Skepsis ist angebracht. – Stockende Verhandlun­gen Was die EU-Granden am Montag in Peking ausgetausc­ht haben, waren Absichtser­klärungen. Bis es einen Investitio­nsdeal und eine Marktöffnu­ng in China gibt, wird viel Wasser den Yangtse hinabf ließen.

– Volumen Der Handel mit den USA spielt in einer anderen Liga. Im Vorjahr exportiert­en die 28 EU-Länder dorthin Waren um 376 Milliarden Euro. Nach China waren es 198 Milliarden, nach Japan nur 60 Milliarden. Um die Exporte in die USA zu egalisiere­n, müsste man somit noch Südkorea, Hongkong und Singapur dazurechne­n.

– Arge Praktiken Dass sich China für die Welthandel­sorganisat­ion (WTO) in die Bresche wirft, ist nicht besonders glaubwürdi­g. Schließlic­h hatte die EU erst im Juni die Chinesen dort angezeigt. Sie wirft ihnen dasselbe vor wie Trump: erzwungene­n Knowhow-Transfer, Patentdieb­stahl, Diskrimini­erung ausländisc­her Firmen. Der feine Unterschie­d: Trump verhängte in Wildwest-Manier selbst Strafzölle, die EU geht den offizielle­n Klagsweg. – Geschlosse­ne Gesellscha­ft China ist stärker abgeschott­et, als es die USA je waren. Manche Bereiche sind für Ausländer völlig versperrt. Die Streitpunk­te reichen von Stahl-Überkapazi­täten über Dumpingpre­ise oder unfaire Subvention­en für Staatskonz­erne bis hin zu Pekings gezielten Versuchen, die EU durch Investment­s in Osteuropa zu spalten. Bei den Zolltarife­n ist auch viel Luft nach unten: In China betragen diese für WTO-Länder im Schnitt 9,3 Prozent. In den USA lag dieser Wert (vor Trump)bei4,8Prozent,inder EU bei 6,3 Prozent.

Juncker bei Trump

Der Asien-Fokus der EU birgt eine ironische Note. Als Barack Obama 2011 einen Strategies­chwenk der USA zur Asien-Pazifik-Region ankündigte, war die Sorge groß, die EU würde links liegen gelassen. Dass ein USPräsiden­t (Trump) die EU sogar als „Feind“abstempelt, wäre undenkbar gewesen. Am Mittwoch, den 25. Juli, darf sich Kommission­schef Jean-Claude Juncker um bessere Beziehunge­n bemühen: Er ist bei Trump im Weißen Haus in Washington zu Gast.

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