Kurier

Ein Urteil geht unter die Haut

Schadeners­atz nach Tattoo. Auf klärung laut OGH fehlerhaft. Auch Allergiete­sts haben Lücken

- VON MICHAELA REIBENWEIN

Ein Urteil des OGH geht den Tätowierer­n des Landes unter die Haut. Wie berichtet, steht einer Kärntnerin Schadeners­atz zu, nachdem sie auf ein Tattoo schwer allergisch reagierte. Sie sei fehlerhaft über die Risiken aufgeklärt worden, erklärte sie. Wäre sie aufgeklärt worden, hätte sie ein Probestech­en durchführe­n lassen und sich dann gegen die Tätowierun­g entschiede­n. Ihr steht Schadeners­atz zu.

Yvonne Reisinger, Betreiberi­n des beklagten Studios, ist über das Urteil entsetzt: „Wir halten uns an alle Vorschrift­en, klären auf, tragen Mundschutz, Kopfbedeck­ung und Schürze. Wir sind ein Vorreiter in der Branche. Im kommenden Jahr feiern wir 20. Jubiläum. So einen Fall gab es noch nie.“

Mehrere OP

Konkret litt die klagende Frau an einer genetisch bedingten Allergie auf Rottöne in der Tattoofarb­e. Nur: Das wusste sie nicht, als sie sich eine großflächi­ge bunte Tätowierun­g mit Blumen am rechten Unterschen­kel stechen ließ. Wenig später begann die Stelle zu jucken, es bildeten sich Pusteln. Sie musste ins Spital, mehrere Operatione­n waren nötig, sogar Haut musste transplant­iert werden.

Dass die Kundin fehlerhaft aufgeklärt worden sei, stellt Reisinger in Abrede. „Unsere Aufklärung ist sehr präzise, wir arbeiten mit einem Hautarzt zusammen. Aber wenn jemand unterschre­ibt, keine Allergie zu haben und diese Unterschri­ft dann vor Gericht nicht gilt, kann es das nicht sein. Eine gewisse Verantwort­ung muss beim Kunden bleiben.“

Ärztliche Bestätigun­gen werden in Allergiefä­llen, aber auch bei Krankheite­n, immer öfter in der Branche verlangt. Wobei: Auch die haben ihre Lücken, wie Fritz Horak vom Allergieze­ntrum Wien West sagt: „Wir können nur einen Teil der Farbstoffe testen. Und es ist durchaus möglich, dass Reaktionen auf die Tätowierun­g erst nach Jahren auftreten. So etwas ist nicht vorhersehb­ar.“Grundsätzl­ich würden vorhandene Allergien nicht darauf schließen lassen, dass ein erhöhtes Risiko bei einer Tätowierun­g besteht. Allzu oft sei die VorabKontr­olle aber ohnehin nicht gefragt: „Bei uns kommt vielleicht einmal im Monat jemand vorbei.“

„Kunden regen sich darüber auf, wenn wir eine ärztliche Erklärung von ihnen verlangen. Wo ist künftig die Grenze? Wenn jemand eine Stauballer­gie hat?“, fragt Reisinger. „Die Branche ist bemüht, Arbeit auf höchstem Niveauanzu­bieten.Unsistnur dieser eine Beschwerde­fall bekannt. Und es ist traurig, dass die Rechtsinst­anzen nicht überzeugt werden konnten, dass wir gewissenha­ft aufklären“, meint Bundesinnu­ngsmeister­in Dagmar Zeibig.

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Auch nach Jahren kann es noch zu Reaktionen auf eine Tätowierun­g kommen, sagt Fritz Horak vom Allergieze­ntrum Wien West
 ??  ?? „Unsere Aufklärung ist sehr präzise, wir arbeiten auch mit einem Hautarzt zusammen“, sagt Tätowierer­in Yvonne Reisinger
„Unsere Aufklärung ist sehr präzise, wir arbeiten auch mit einem Hautarzt zusammen“, sagt Tätowierer­in Yvonne Reisinger

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