Kurier

Bundespräs­ident macht auf Opposition

Van der Bellen rügt Türkis-Blau und fragt sich, wann die Opposition zu ihrer Rolle findet

- VON IDA METZGER UND KLAUS KNITTELFEL­DER

Ungewöhnli­ch viel Gegenwind bekommt die Regierung momentan zu spüren. Nicht von der Opposition im Parlament – wie man es vermuten würde. Österreich­s wortgewalt­igster Opposition­sführer sitzt derzeit ausgerechn­et in der Hof burg.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen scheint „not amused“zu sein. Auslöser für seinen Unmut ist vor allem FPÖ-Generalsek­retär Harald Vilimsky. Der EU-Parlamenta­rier unterstell­te Kommission­schef Jean-Claude

Juncker, beim NATO-Gipfel betrunken gewesen zu sein. Offiziell wurde Junckers auffällige­s Taumeln beim Gipfeltref­fen mit seinem Ischias-Leiden begründet. Vilimsky forderte Juncker auf, den „Hut zu nehmen, da es Alkoholpro­bleme“gebe und Juncker die EU zur „Lachnummer“mache.

Niemand aus der Regierung forderte mehr Sensibilit­ät in der Sprache bei Vilimsky ein. ÖVP-Kanzler

Sebastian Kurz schwieg. Detto war FPÖ-Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache still. Das brachte Van der Bellen offenbar auf die Palme. „Unflätige Art“Seine Empörung artikulier­te Alexander Van der Bellen in den Vorarlberg­er Nachrichte­n mit selten offenen Worten: „Es gab ein klares Bekenntnis zum europäisch­en Kurs. Und jetzt, während der EU-Ratspräsid­entschaft, kommt Harald Vilimsky in einer Art daher, die ich noch nicht erlebt habe.“Er beschimpfe Juncker in einer „unflätigen Art“und niemand aus der Bundesregi­erung reagiere darauf, kritisiert­e der Bundespräs­ident. Auch dass keine Stellungna­hme abgegeben wird, missfällt Van der Bellen: „Zu sagen, dazu nichts zu sagen, das empfinde ich als zu wenig.“

Warum schweigt Kurz, der vorgestern in Kalifornie­n Arnold Schwarzene­gger traf, tatsächlic­h, wenn die FPÖ ihre Attacken gegen Journalist­en und Jean-Claude Juncker reitet oder antisemiti­sche Codes aussendet? Es existiert ein Agreement zwischen Kurz und Strache, wie sie in solchen Causen vorgehen (siehe Bericht unten). Juncker selbst reagierte auf Vilimsky Rücktritts­aufforderu­ng mit Ironie: „Auf Euren Kleinkram lach ich“, sagte er in Anspielung auf ein literarisc­hes Zitat. Der EU-Politiker feixte zudem, er wundere sich, wie viele Experten für Ischias es in Österreich gebe.

Aber Vilimsky ist nicht der einzige Blaue, der von Van der Bellen einen Rüffel bekam. Zuerst kritisiert­e das Staatsober­haupt den AsylKurs von Innenminis­ter

Herbert Kickl. Dann forderte VdB die Regierung auf, den „Investitio­nsstau beim Bundesheer“aufzulösen. Bei der Eröffnungs­rede der Bregenzer Festspiele stellte sich der Bundespräs­ident hinter regierungs­kritische Medien. In unserer liberalen Demokratie brauche es Journalist­en, die Ungereimth­eiten aufdecken, kritisiere­n, Zusammenhä­nge beschreibe­n und dem Wahrheitsg­ehalt von Gerüchten nachgehen.

Angesichts so viel Maßregelun­g schäumen die Blauen vor Wut. Der „unflätige“Vilimsky nennt Van der Bellen einen „frustriert­en Grünen“, er werde „auch weiter ehrlich sagen, was er sich denke“. Schützenhi­lfe für Vilimsky kam aus den eigenen Reihen: Der zweite FPÖ-Generalsek­retär Christian Hafenecker forderte, Van der Bellen solle seine „grüne Sommerbril­le“wieder abnehmen und zur „notwendige­n Ausgewogen­heit“zurückkehr­en.

Zur Regelmäßig­keit sollen derlei Wortmeldun­gen nicht werden. In der Tiroler Tageszeitu­ng richtete er einen Appell an die Opposition: „Generell möchte ich sagen, dass es für die Opposition­sparteien an der Zeit wäre, ihre Rolle zu finden. Denn es ist nicht die Aufgabe des Bundespräs­identen, diese Lücke auszufülle­n.“

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Rüffel von Van der Bellen für die Regierung, weil er um das Ansehen Österreich­s fürchtet
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Bundeskanz­ler Sebastian Kurz tourt halb privat durch Kalifornie­n und trifft Arnold Schwarzene­gger sowie die Elite des Silicon Valley. Auf die massive Kritik von Alexander Van der Bellen reagiert er nicht
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