Kurier

EU verdonnert Google zu Rekordstra­fe

Wettbewerb. 4,3 Milliarden Geldbuße

- VON BARBARA WIMMER UND FLORIAN CHRISTOF

Die EU-Kommission hat die bisher höchste Strafe wegen Wettbewerb­sverstößen ausgesproc­hen. Das Technologi­e-Unternehme­n Google soll jetzt eine Geldbuße in der Höhe von 4,3 Milliarden Euro zahlen. Der Vorwurf der Brüsseler Behörden: Google soll seine Marktdomin­anz beim mobilen Betriebssy­stem Android zu seinen Gunsten ausgenutzt haben. Die EU-Kommission verlangt nun von Google, dass die Geschäftsp­raxis im Umgang mit Android geändert wird, was massive Folgen für das Android-Ökosystem haben könnte. Welche konkreten Auswirkung­en die Strafe für Android-Nutzer haben wird, ist noch unklar. Google hat bereits angekündig­t, gegen die Entscheidu­ng der Kommission Rechtsmitt­el einzulegen.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch eine Rekordstra­fe von 4,34 Milliarden Euro über Google verhängt. Das ist die bisher höchste Kartellstr­afe, die von der EU jemals ausgesproc­hen wurde. Google soll mit dem Smartphone­Betriebssy­stem Android seine Marktdomin­anz missbrauch­t haben.

EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager gab bei einer Pressekonf­erenz in Brüssel neben der Rekordstra­fe Auflagen für den US-Konzern bekannt, die für mehr Wettbewerb auf dem Smartphone-Markt sorgen sollen. Sollte Google sein Verhalten nicht binnen 90 Tagen ändern, drohen weitere hohe Geldstrafe­n. Die Ermittlung­en in diesem Verfahren liefen bereits seit 2015.

? Was wird Google genau vorgeworfe­n?

Google soll andere Smartphone-Hersteller, die das Be- triebssyst­em Android verwenden, unter Druck gesetzt haben. Hersteller wie Samsung, Huawei oder HTC mussten Google-Dienste wie den Chrome-Browser und die Google-Suche auf den Android-Geräten vorinstall­ieren, um Zugang zum Google Play Store zu erhalten. Dabei handelt es sich um den größten Marktplatz für AndroidApp­s, der als vertrauens­würdige Bezugsquel­le für Smartphone-Anwendunge­n gilt.

? Was hat Google mit Android zu tun?

Das mobile Betriebssy­stem Android wird von Google entwickelt. Jedes Technologi­eunternehm­en kann Android verwenden und darauf aufbauend seine eigene Android-Version entwickeln. Will allerdings ein Smartphone-Hersteller Zugang zum Play Store, darf er keine Geräte verkaufen, auf denen ein zu Google konkurrier­ender Android-Ableger läuft. Das trifft beispielsw­eise auf Amazons Fire OS zu.

? Was sagt Google dazu?

In einer ersten Reaktion hat Google angekündig­t, gegen die Entscheidu­ng zu berufen. Die Entscheidu­ng wurde aber nicht näher kommentier­t. In der Vergangenh­eit hat der Android-Hersteller die Vorwürfe immer wieder zurückgewi­esen. Eine Verknüpfun­g mit dem Google Play Store oder mit der Google-Suchmaschi­ne gebe es nicht, hieß es bisher. Die Handy-Hersteller, die die Google-Suche vorinstall­ieren, seien an den Einnahmen der Suchmaschi­ne beteiligt. Die Vorinstall­ation des Chrome-Browsers soll laut Google tatsächlic­h verpflicht­end sein, aber die Smartphone-Hersteller könnten noch einen zweiten Browser parallel installier­en und diesen als StandardBr­owser festlegen.

Welche ? könnte Google haben? Konsequenz­en die Strafe für

Google kann die Strafe wohl problemlos bezahlen, Anleger dürften darüber aber wohl dennoch nicht erfreut sein. Googles Mutterkonz­ern Alphabet erzielte 2017 einen Reingewinn (nach Steuern) von 12,6 Milliarden US-Dollar, die aktuelle EU-Strafe beträgt umgerechne­t fünf Milliarden Dollar.

Welche Auswirkung­en ? könnte die Strafe für Android-Nutzer haben?

Die EU verlangt von Google, dass es seine Praxis im Umgang mit Android ändert, was massive Auswirkung­en auf das Android-Ökosystem haben könnte. Denkbar wäre, dass in Zukunft auch andere Android-Abwandlung­en, etwa Amazons Fire OS, Zugang zum Play Store bekommen könnten. Wie Google auf den EU-Entscheid reagiert, bleibt aber abzuwarten.

? Wie sieht das die Konkurrenz?

„In der analogen Welt würde niemand auf die Idee kommen, einem mächtigen Konzern wie zum Beispiel Nestlé zuerlauben,dieInfrast­ruktur und Ladeneinri­chtungen fast aller Supermärkt­e zu übernehmen und diese den Supermarkt­betreibern kostenlos zur Verfügung zu stellen unter der Bedingung, keine Nestlé-Konkurrenz­produkte anzubieten“, kritisiert der europäisch­e Mitbewerbe­r Cliqz, ein Anbieter von Browsern und Suchmaschi­nen. „Die Entscheidu­ng, eine Öffnung der marktbeher­rschenden Android-Plattform für andere Anbieter zu erzwingen, ist längst überfällig.“

? Was macht Apple anders?

Bei Apple und seinen iPhones sieht die Sache gänzlich anders aus. Sowohl iPhones und iPads als auch das mobile Betriebssy­stem iOS und der dazugehöri­ge App-Store stammen aus dem Hause Apple. Es gibt keine anderenHer­steller, die auf ihren Smartphone­s das Apple-Betriebssy­stem installier­t haben oder Zugang zum AppleApp-Store haben. Im geschlosse­nen Apple-Ökosystem ist das Unternehme­n nicht von anderen Hersteller­n abhängig und kann daher–mehroderwe­niger–machen, was es will.

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Der grüne Androide ist heute weltweit auf mehr als zwei Milliarden Smartphone­s zu finden
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Die zweite Milliarden­strafe für Google von EU-Wettbewerb­skommissar­in Vestager

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